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Kalter Schlaf

Lucas Davenport 15

Erschienen am 11.07.2005
8,95 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442457953
Sprache: Deutsch
Umfang: 444 S.
Format (T/L/B): 2.9 x 18.4 x 11.5 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Lucas Davenport, Spezialist für delikate Fälle bei der Staatsanwaltschaft von Minnesota, wird auf den Fall eines Russen angesetzt, der am Ufer des Lake Superior regelrecht hingerichtet wurde - mit 50 Jahre alter Munition. Als der Mann als Ex-KGB-Agent identifiziert wird, schicken das FBI und die Russen ihre eigenen Ermittler. Aus Moskau fliegt Major Nadezhda Kalin ein, eine attraktive, wenn auch etwas undurchsichtige Agentin. Davenport und Kalin kommen einem Spionagering auf die Spur, der seit den Zeiten des Kalten Krieges untergetaucht und vergessen war. Doch die Schläfer sind offenbar geweckt worden.

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Autorenportrait

John Sandford ist das Pseudonym des mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneten Journalisten John Camp. Seine Romane um den Polizisten Lucas Davenport erobern regelmäßig die Top Ten der amerikanischen Bestsellerlisten. John Sandford lebt in Minneapolis.

Leseprobe

Letztes Aufbäumen des Sommers, tiefste Nacht. Annabelle Ramford saß auf ihrer feuchten Decke inmitten eines von Goldrute bewachsenen Fleckens am Südufer des Oberen Sees und sah zu, wie ein großer buttergelber Mondball im Osten aufstieg. Zwischen den Oberschenkeln hielt sie eine Flasche New Yorker Pinot Noir sicher eingeklemmt. Der Geruch nach totem Fisch und Seetang und Dieselabgasen und dem ranzigen Schweiß ihres lange nicht mehr gewaschenen Baumwollhemdes umwehte sie, aber sie war von einem Gefühl der Wärme, der Behaglichkeit und des Friedens durchströmt, und sie war ein wenig betrunken. Annabelles Freunde, soweit man von echten Freunden sprechen konnte, nannten sie Trey. Sie hatte schulterlanges rotblondes Haar, das wegen des fettigen Schmutzes dicht an den Seiten des Kopfes herunterhing, ein wettergegerbtes Gesicht mit harten grünen Augen, eine spitze Nase sowie einen viel zu mageren Körper mit eckigen Schultern und hervorstehenden Knochen. Am Kinn zeigte sich eine Narbe, von der sie stets als ihrem »besonderen Kennzeichen« sprach - wie man es in einem Polizeibericht lesen kann: »An der Leiche ist ein besonderes Kennzeichen zu finden, nämlich.« Die Narbe bestand aus einem tief eingegrabenen umgekehrten C und war das Ergebnis eines Kampfes, den sie einmal in einem Obdachlosenheim in Albuquerque ausgefochten hatte. Ein Penner namens Buddy hatte sie ins Kinn gebissen, und als sie nach Beendigung des Kampfes wieder auf die Beine gekommen war, hatte sie stark geblutet, und ein Stück Fleisch aus ihrem Kinn hatte gefehlt. Buddy hatte es, wie sie annahm, zerkaut und runtergeschluckt. Sie hatte fast Verständnis dafür gehabt: Wenn man ein Penner ist, muss man jede sich bietende Gelegenheit nutzen, um seinen Proteinbedarf zu decken. Wie Buddy war auch Annabelle Rumford ein Tippelbruder. Eine Tippelschwester, wie man natürlich korrekterweise sagen müsste. Was habe ich doch einen langen, echt seltsamen Lebensweg hinter mir, dachte sie, vom Pinot Noir zunehmend zu philosophischen Gedanken angeregt. Sie war in einer wohlsituierten bürgerlichen Familie aufgewachsen und hatte eine sorgfältige Erziehung genossen - o ja, sie war auf Segelyachten über den Oberen See gekreuzt, und deshalb war sie im Sommer auch nach Duluth zurückgekehrt. Nach dem Besuch von Privatschulen in St. Paul hatte sie an der Universität von Minnesota studiert - Hauptfach Soziologie -, war dann zur juristischen Fakultät gewechselt - Hauptfach Marihuana und Gin Tonic -, hatte jedoch das Examen geschafft und über die Beziehungen ihres Vaters einen Job in der Abteilung »Pflichtverteidiger« der Justizverwaltung des Hennepin County bekommen. Dort war sie vornehmlich mit der Anhörung von Vergewaltigern und Drogendealern auf dem Höhepunkt der Crack-Welle beschäftigt gewesen. Crack. Wenn Trey die Augen schloss, konnte sie das rauschhafte Gefühl nachempfinden, wie sich ihr Geist unter dem Einfluss der Droge vom Körper löste. Sie hatte Crack mehr geliebt als jemals einen ihrer Mitmenschen. Aber Crack hatte sie als Erstes den Job gekostet, dann alle clean gebliebenen Freunde und schließlich auch ihre Eltern, die resigniert und sie als unrettbar abgeschrieben hatten. Selbst ganz zum Schluss, als es so weit gekommen war, dass sie ihren Körper an den Crack-Dealer verkaufen musste, um an den Stoff zu kommen, war ihr das noch als durchaus angemessener Handel erschienen. Als sie schließlich vier Jahre nach dem Abtauchen in den permanenten Crack-Rausch wieder zu sich selbst zurückfand, hatte sie keine Chance mehr auf ein normales Leben, und nach drei Tripper-Erkrankungen konnte sie noch zufrieden sein, dass sie nicht auch noch mit AIDS angesteckt worden war. Und seitdem zog sie als Tippelschwester durchs Land. Ein echt seltsames Leben, und es wurde immer seltsamer. Nördlich ihres Lagerplatzes am Rand des Frachthafens waren die schwankenden Lichter eines Segelbootes zu sehen, dahinter erstreckten sich die Lichter der Straßenlaternen und Häuser entlang des Minne Leseprobe