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Warten auf Wunder

Erschienen am 16.01.2006
7,95 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442461226
Sprache: Deutsch
Umfang: 188 S.
Format (T/L/B): 1.4 x 18.4 x 11.5 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Arturo Bandini, ein erfolgloser Schriftsteller, verdient sich seinen Lebensunterhalt als Hilfskellner. Doch als überraschend eine seiner Erzählungen von einer Zeitschrift angenommen wird, beginnt sich sein Leben mit einem Schlag zu ändern. Er bekommt neue Jobs angeboten, in denen er es nie lange aushält, und er lernt neue Frauen kennen - hinreißende, aber leider meist unnahbare Frauen. Ein Mann wie Arturo Bandini gibt allerdings niemals auf, egal wie oft er eine Abfuhr erhält. Denn er weiß: Irgendwo wartet das Paradies.

Leseprobe

Kapitel 1 Mein erster Zusammenstoß mit dem Ruhm war nicht besonders aufregend. Ich war Kellner in Marx' Imbiss an der Ecke Third und Hill Street in Los Angeles. Man schrieb das Jahr 1934, ich war einundzwanzig Jahre alt, und meine Welt reichte von Bunker Hill im Westen bis zur Los Angeles Street im Osten, und vom Pershing Square im Süden bis zum Civic Center im Norden. Als Kellner war ich unvergleichlich. Obwohl schrecklich unterbezahlt (einen Dollar pro Tag plus Mahlzeiten), wirbelte ich schwungvoll und Aufsehen erregend von Tisch zu Tisch, balancierte das Tablett auf einer Hand und fand nebenher Zeit, ein kleines Lächeln auf die Gesichter meiner Kunden zu zaubern. Außer meinen Servierkünsten konnte ich meinem Chef noch etwas bieten: Ich war Schriftsteller. Diese Tatsache hatte sich herumgesprochen, nachdem ein betrunkener Fotograf von der Los Angeles Times an der Bar gesessen und ein paar Fotos von mir gemacht hatte, während ich eine Kundin bediente, die bewundernd zu mir hochsah. Am nächsten Tag stand das Bild in der Times, zusammen mit einer Story über Kampf und Aufstieg des jungen Arturo Bandini, dieses ehrgeizigen, hart arbeitenden Burschen aus Colorado, der im schwierigen Zeitschriftenmarkt den Durchbruch geschafft hatte, indem er seine erste Geschichte an den American Phoenix verkaufte. Herausgeber des Phoenix war selbstredend die berühmteste Persönlichkeit der gesamten amerikanischen Literaturszene - kein Geringerer nämlich als Heinrich Muller. Guter alter Muller, wie liebte ich diesen Mann! Meine allerersten literarischen Versuche waren eigentlich nichts weiter als Briefe an ihn gewesen. In den Briefen hatte ich ihn um Rat gebeten, ich hatte ihm Vorschläge für Geschichten gemacht, die ich noch schreiben würde, und dann hatte ich ihm Geschichten geschickt - viele Geschichten, eine Geschichte jede Woche, bis sogar Heinrich Muller, der größte Geizhals der literarischen Welt, die Waffen streckte. Erst ließ er sich herab, mir einen zweizeiligen Brief zu schicken, dann einen mit vier Zeilen und schließlich zwei Seiten mit vierundzwanzig Zeilen. Und dann, Wunder über Wunder, einen Scheck über hundertfünfzig Dollar als Pauschalhonorar für meine erste verkaufte Geschichte. Am Tag, an dem der Scheck eintraf, ging ich in Lumpen. Meine tollen Colorado-Klamotten hingen in Fetzen an mir herunter, und so galt mein erster Gedanke einer neuen Garderobe. Schick sollte sie sein und günstig. Ich lief von Bunker Hill hinunter zum Goodwill Store an der Ecke Second Street und Broadway. In der Abteilung für gehobene Qualität fand ich einen hervorragenden blauen Anzug mit weißen Nadelstreifen für zehn Dollar. Die Hosenbeine und Ärmel waren zu lang. Ich ließ sie kürzen, was einen weiteren Dollar kostete, und sauste unterdessen durch die Hemdenabteilung, wo es Hemden in bester Qualität und jedem Stil zu fünfzig Cents gab. Dann erstand ich ein Paar Schuhe - feine, dicksohlige Oxfords ganz aus Leder, die mich über viele Monate durch die Straßen von Los Angeles tragen würden - und zu guter Letzt kaufte ich noch andere Sachen: mehrere Shorts und T-Shirts, ein Dutzend Paar Socken, einige Krawatten, und schließlich einen prächtigen, einfach unwiderstehlichen Borsalino. Ich setzte ihn mir elegant schräg auf den Schädel, verließ den Ankleideraum und bezahlte. Zwanzig Scheine. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich für mich selber Kleider gekauft. Ich betrachtete meine Erscheinung in einem großen Spiegel. Da fiel mir ein, dass meine Eltern in all den Jahren in Colorado nie das Geld gehabt hatten, mir einen Anzug zu kaufen; auch nicht vor der Abschlussprüfung an der High School. Na gut, jetzt ging ich meinen Weg, und nichts würde mich aufhalten, denn Heinrich Muller, der brüllende Tiger der literarischen Welt, würde mich an die Spitze führen. Ich verließ den Goodwill Store als neuer Mensch und ging die Third Street hinauf. Vor dem Imbiss stand Abe Marx, mein Boss. »Du lieber Himmel, Bandini!«, rief er. »Warst du bei Goodwill oder was?« »Goodw Leseprobe