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Meeresrand

Roman

Erschienen am 01.08.2004
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442732296
Sprache: Deutsch
Umfang: 128 S.
Format (T/L/B): 1.1 x 18.5 x 11.8 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Einmal sollen ihre beiden Söhne das Meer sehen. Das hat sie sich fest vorgenommen. Es ist ihre erste Reise und die letzte. Eine Reise ins Herz der Verzweiflung. ''Der erste Roman von Veronique Olmi ist ganz einfach umwerfend ... Unmöglich, die zerstörerische Schönheit ihrer Sprache zu beschreiben, die intensiven Gefühle, die er beim Lesen hervorruft.'' L''Express


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Leseprobe

Wir fuhren mit dem Bus, dem letzten Bus am Abend, damit uns niemand sah. Bevor wir aufbrachen, hatten die Kinder noch etwas gegessen, ich bemerkte, daß sie einen Rest Marmelade im Glas ließen, und ich dachte, diese Marmelade bleibt umsonst stehen, schade drum, aber ich hatte sie gelehrt, nichts zu verschwenden und auch an morgen zu denken. Auf die Busfahrt freuten sie sich, glaube ich, ein bißchen waren sie auch beunruhigt, weil ich ihnen überhaupt keine Erklärung gegeben hatte. Ich hatte die Regenjacken herausgelegt, weil es am Meer ja oft regnet -so viel zumindest hatte ich verraten: sie würden das Meer sehen. Begeisterter war Kevin, der Kleine. Neugieriger jedenfalls. Stan warf mir besorgte Blicke zu, wie er es tut, wenn ich in der Küche sitze und er mich verstohlen beobachtet und glaubt, ich sehe nicht, wie er dasteht, barfuß, im Pyjama, ich hab nicht mal die Kraft, ihm zu sagen, Steh doch nicht barfuß rum, Stan, ja, manchmal sitze ich stundenlang so da in der Küche und schere mich um nichts. Allzulang mußten wir zum Glück nicht auf den Bus warten, und niemand hat gesehen, daß wir wegfuhren. Ein komisches Gefühl war das, die Stadt zu verlassen, abzureisen an einen unbekannten Ort, besonders, weil ja keine Ferien waren, und diese Sache, die ging den Kindern nicht aus dem Schädel, das ist mir schon klar. Wir hatten noch nie Ferien gemacht, waren noch nie über unser Viertel hinausgekommen, und nun war das Leben auf einmal ganz neu, mein Magen krampfte sich zusammen, ich hatte ständig Durst, alles ging mir auf die Nerven, aber ich hab mein Bestes, ja, wirklich mein Bestes getan, damit die Knirpse nichts merkten. Ich wollte, daß wir auf Reisen gehen, ich wollte, daß wir es auch glauben. Als der Bus kam, waren wir richtig ergriffen alle drei, fast schüchtern. Scheuer hätten wir nicht sein können, wenn wir an Bord eines Luxusdampfers gegangen wären, erster Klasse. Dabei war es nur eine alte Klapperkiste, laut und ungeheizt. O ja, kalt war's da drin. Man stieg ein und hatte das Gefühl, in einen Luftzug zu geraten. Ich bezahlte die Karten mit meinem letzten Hunderter, und wir setzten uns ganz nach hinten, die Kinder und ich, mit unseren Sporttaschen, die wir neben uns auf den Boden stellten, ich hatte sie vollgestopft mit warmen Kleidern für die Knirpse, ich weiß, es waren viel zuviele, aber irgendwie war ich in Panik gewesen beim Packen, ich kann das nicht erklären. Ich wollte alles dabei haben, ich wußte, es war unsinnig, aber ich wollte, daß alles uns begleitet, unser Zeug von zu Hause, das uns vertraut war, in dem wir uns auf Anhieb erkennen konnten. Kevin wollte, daß ich auch seine Spielsachen mitnehme, aber das hab ich nicht getan. Ich wußte ja: spielen würden wir nicht. Es waren viele Leute im Bus, man kann sich gar nicht vorstellen, wieviele Menschen unterwegs sind, und so spät noch, woher kamen die, fuhren sie alle an denselben Ort wie wir, es war ihnen nichts anzusehen, sie wirkten ruhig und versunken in ganz stille Gedanken, während meine Knirpse überquollen vor Fragen, Wie lang fahren wir denn? Wenn wir ankommen, ist es dann schon Tag? - solche Dinge, ich wußte nicht recht, was ich ihnen antworten sollte, mir war schlecht, und ich hatte keine große Lust zu reden, vor allem hatte ich keine Lust, daß die anderen mithören konnten. Man sitzt hoch in diesen Bussen, die Autos, die sonst etwas so Erschreckendes haben, waren zu lächerlichen Spielzeugautos geschrumpft, man sah die Beine der Fahrer, ihre Hände, die Sachen, die sie auf den Nebensitz gelegt hatten, man konnte sie fast wie in ihren eigenen vier Wänden beobachten, sie wirkten viel ungefährlicher, ja, irgendwie fühlte man sich geschützt in diesem Bus, wenn man auch vor Kälte schlotterte. Sehr bald mußte Kevin aufs Klo. Das bildest du dir ein, hab ich zu ihm gesagt, aber er wurde unruhig, er hatte Angst, in die Hose zu machen, dieses Kind wird so leicht unruhig. Und ich, die nicht auffallen wollte, mußte mich vor allen Leuten durch den ganzen Ga Leseprobe

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