Beschreibung
Ein kleines großes Buch mit Versen zur Weihnachtszeit: Von 1962 an bis zu seinem Tod 1996 hat der Nobelpreisträger Joseph Brodsky jeweils zu Weihnachten ein Gedicht geschrieben, um an die Geburt Christi zu erinnern. In der atheistischen Sowjetunion eine Provokation. Aber auch im Exil ließ der Dichter nicht von seiner Übung ab. Ein ideales Buch für alle, die sich einen Sinn für das Fest bewahrt haben.
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Hersteller:
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Autorenportrait
Joseph Brodsky, 1940 in Leningrad geboren, wurde nach einem Prozess wegen "Parasitentums" und fünfjähriger Zwangsarbeit 1972 aus der Sowjetunion ausgebürgert. Mit Hilfe des Dichters W. H. Auden emigirierte er in die USA, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1996 lebte. 1987 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen. Im Hanser Verlag erschien 2006 Brief in die Oase, eine umfangreiche und repräsentative Auswahl aus Brodskys dichterischem Werk.
Leseprobe
EINE WEIHNACHTSROMANZE für jewgeni rejn in liebe Es treibt in unbekannter Trauer, vom Alexander-Park gekommen, entlang der alten Ziegelmauer ein nächtges Schifflein, schwach erglommen, ein nächtges Lichtlein treibt verstohlen, ein gelber Rosenkelch - er schmückte der Liebsten Haar, bis fremde Sohlen ihn stumpf zerdrückten. Es treibt in unbekannter Trauer ein Schwarm der somnambulen Trinker. Und lauter kranke Menschen kauern in einem Taxi von Ordynka. Und ein Tourist schießt dann ein Photo von dieser Stadt so grambeladen. Und es umarmen sich die Toten mit den Fassaden. Es treibt in unbekannter Trauer ein Sänger durch die Metropole. Es wacht ein rundgesichtger Bauer beim Schild ''Petroleum und Kohle''. Ein Casanova über achtzig ist unermüdlich auf der Lauer. Es treibt ein frischvermählter Nachtzug dahin in unbekannter Trauer. Es treibt ein unglückselger Schwimmer entlang der trüben Moskwa-Ufer. Es huscht das jüdische Gewimmer über die düstren gelben Stufen. Es treibt noch vor den Feiertagen, von Liebe hin zum Unbehagen, ein Frauenzimmer, das charmant ist und dessen Trauer unbekannt ist. Entlang der Wagen treiben Flocken, es kommt die Winternacht geflogen. Die Winde haben, kalt und trocken, die roten Hände überzogen. Man sieht - wie Honig aus den Waben - die kleinen Lichter langsam tröpfeln. Es treiben Torten Heiligabend über den Köpfen. Es treibt dein Neues Jahr auf blauer und dunkler Woge durch die Meere dahin in unbekannter Trauer, als ob jetzt alles anders wäre, als würde neues Leben winken, das Freude, Brot und Ruhm bescherte als ob sich jeder Dreh zur Linken zum Rechten kehrte. 1962 Leseprobe