Beschreibung
In der Zeittheorie des 20. Jahrhunderts stehen sich zwei Traditionen gegenüber, ohne voneinander mehr Notiz zu nehmen, als für eine Abwehr erforderlich scheint. Während die modalen Bestimmungen des subjektiven Zeiterlebens (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) von der Phänomenologie als grundlegend aufgefasst werden, orientiert sich die analytische Philosophie weitgehend an den relationalen Bestimmungen der objektiven Zeitmessung (früher, gleichzeitig, später). Häufig kommt es sogar zu gegenläufigen Reduktionsversuchen. Vor diesem Hintergrund verdient die antike Zeittheorie, die sich noch nicht aus dem Gegensatz von Subjektivität und Objektivität versteht, ein philosophisches Interesse, das über historische Motive hinausgeht. Diese Studie widmet sich dem skizzierten Vermittlungsproblem, indem sie die wichtigsten Zeittheorien der Antike untersucht, vergleicht und bewertet. Den größten Raum beansprucht Platon. Um seine umstrittene Bestimmung der Zeit als zahlhaft bewegtes Abbild der Ewigkeit ("Timaios") zum Sprechen zu bringen, wird sie eingehend interpretiert und kontextualisiert ("Theaitetos", "Sophistes", "Parmenides"). Dabei sind sowohl antike wie moderne Alternativen mit im Blick. Auf diese Weise lässt sich Platons Vermittlung von bewegter Erlebniszeit und gemessener Naturzeit durch eine reflektierte Gegenwart herausarbeiten, die über verschiedene Reflexionsstufen bis zur Ewigkeit und ihrer ontologischen Fundierung führt. Umgekehrt kann die Ewigkeit als zeittranszendierende Vollzugsform der Ideendialektik verständlich gemacht werden. Ein Rückgriff auf Plotin (Enneade III, 7) erlaubt, Platons philosophischen Ewigkeitsbegriff zu präzisieren und von seiner theologischen Wirkungsgeschichte abzuheben, ohne Differenzen von Platonismus und Neuplatonismus zu verwischen. Schließlich wird der erreichte Diskussionsstand anhand von Augustinus (Confessiones XI) und Aristoteles (Physik IV, Metaphysik XII) ausgebaut und gegen moderne Reduktionismen verteidigt. Wie sich zeigt, stehen beide Autoren Platon näher, als ihre Inanspruchnahme als Wegbereiter eines phänomenologischen bzw. analytischen Zeitverständnisses suggeriert.
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Autorenportrait
Walter Mesch ist Professor für Philosophie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.