Beschreibung
Wo ist das Paradies zu finden? In einer Gesellschaft, die durch die Gleichheit aller von Zwist und Unrecht gereinigt wäre? Oder aber in einer Welt vitaler, amoralischer Schönheit? Zwei exemplarische Lebensgeschichten, die sich nie berühren, dennoch eng miteinander verbunden sind, meisterhaft erzählt von einem der großen Romanciers unserer Zeit: Hier die Geschichte Flora Tristans, der bahnbrechenden Frauen- und Arbeiterrechtlerin, die mit ihrem bewegten Leben für die Hoffnung einsteht, die Menschheit von Unrecht und Unterdrückung zu befreien; dort das über die Grenzen jeder Konvention getriebene Leben des Malers Paul Gauguin, der die Entfremdung der Kunst vom Leben durch den Traum von schöpferischer Ursprünglichkeit zu überwinden hofft. Zwei intensiv erfüllte, von persönlichen und zwangsläufig heraufbeschworenen Katastrophen zerrissene Viten, zwei scheiternde und sieghafte Lebensläufe. In seinem jüngsten Roman erweist Mario Vargas Llosa sich erneut als ein Meister der Vergegenwärtigung. Als Flora Tristan, die illegitime Tochter eines peruanischen Offiziers und einer französischen Mutter, 1844, in einer Zeit sozialrevolutionärer Utopien und nur allzu realen Elends, Paris und seine Salons verläßt und zu einer Reise durch Südfrankreich aufbricht, um die in ihrer Rechtlosigkeit apathischen Arbeiter und Frauen aufzurütteln, ist sie, mit einundvierzig Jahren, bereits von Krankheit gezeichnet. Ihr Elan aber ist ungebrochen, ihr rebellischer Geist hellwach. Ein halbes Jahrhundert später verläßt ihr Enkel Paul Gauguin, ehemaliger Seemann und erfolgreicher Börsenmakler, seine dänische Frau und die Kinder für ein Leben in der Südsee, wo seine einst mit Vincent van Gogh gesponnenen Träume vom unverfälschten Paradies auf eine Wirklichkeit stoßen, die widersprüchlicher ist, als er sich eingestehen mag. Und doch gelingen ihm im "Atelier des Südens" einige seiner großartigsten Bilder. Flora Tristan stirbt, bevor Paul Gauguin zur Welt kommt, und ihre Ziele können gegensätzlicher nicht sein; doch in beiden arbeitet das gleiche Ungenügen am Bestehenden, fließt das gleiche aufbrausende Blut: Madame-la-Colère, die ihre weniger bedingungslosen Zeitgenossen und Mitstreiter mit ihren konkreten Plänen für eine bessere Welt oft vor den Kopf stößt; Paul Gauguin, jähzornig und wankelmütig, der mit allen Konventionen geordneten Zusammenlebens bricht und ausschließlich in seiner Kunst zu leben versucht. Beide setzen sie Glück und Gesundheit aufs Spiel, um ihren Traum vom richtigen Leben Wirklichkeit werden zu lassen. Mit diesem einfühlsamen und kunstvoll in sich gespiegelten Doppelporträt stellt sich Vargas Llosa einem Thema, das ihn seit seinen schriftstellerischen Anfängen beschäftigt hat: der Frage nach der Unauslöschlichkeit von Utopien. Seine Kunst als Romancier ist es, dieser Frage erzählerisch in zwei exemplarischen Lebensgeschichten nachzuspüren und den Leser einer Antwort anzunähern, wie es nur die Literatur vermag.
Autorenportrait
Mario Vargas Llosa, geboren 1936 in Arequipa/Peru, studierte Geistes- und Rechtswissenschaften in Lima und Madrid. Bereits während seines Studiums schrieb er für verschiedene Zeitschriften und Zeitungen und veröffentlichte erste Erzählungen, ehe 1963 sein erster Roman Die Stadt und die Hunde erschien. Der peruanische Romanautor und Essayist ist stets als politischer Autor aufgetreten und ist damit auch weit über die Grenzen Perus hinaus sehr erfolgreich. Zu seinen wichtigsten Werken zählen Das grüne Haus, Das Fest des Ziegenbocks, Tante Julia und der Schreibkünstler und Das böse Mädchen. Vargas Llosa ist Ehrendoktor verschiedener amerikanischer und europäischer Universitäten und hielt Gastprofessuren unter anderem in Harvard, Princeton und Oxford. 1990 bewarb er sich als Kandidat der oppositionellen Frente Democrático (FREDEMO) bei den peruanischen Präsidentschaftswahlen und unterlag in der Stichwahl. Daraufhin zog er sich aus der aktiven Politik zurück. Neben zahlreichen anderen Auszeichnungen erhielt er 1996 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und 2010 den Nobelpreis für Literatur. Heute lebt Mario Vargas Llosa in Madrid und Lima.