Beschreibung
»Den vorangegangenen Götzen haben wir gestürzt, und gekommen ist die Chimäre des Fanatismus.« Mit präziser Imagination und analytischer Skepsis blickt György Konrád, Dichter und Chronist, auf die Gegenwart. Im Licht der todbringenden Erlebnisse seiner Kindheit, der blutig gescheiterten ungarischen Revolution von 1956 und der bleiernen Zeit danach erscheinen auch der Umbruch von 1989 als Scheinsieg und die aufbrechenden Energien im rechten politischen Spektrum seines Landes als Menetekel einer sich wiederholenden Vergangenheit. Erneut scheint es keinen Fortschritt zu geben und bei der Teilung in Mächtige und Ohnmächtige bleiben zu müssen. Das Personal der Geschichte wechselt, aber hinter gewendeten Masken brodelt der Haß, machen sich die immergleichen alten Kräfte, Despoten und Helfershelfer, bemerkbar. Ein zeitdiagnostisches und ein Warnbuch also und doch auch ein Buch der Courage und der Glückserfahrung, voller Hoffnung, daß der Einzelne im Strom des »Unaufhörlichen« sich wird behaupten können.
Autorenportrait
György Konrád wurde am 2. April 1933 in der Nähe von Debrecen als Sohn einer jüdischen Familie in Ungarn geboren. Im Jahr 1944 entging er nur knapp seiner Verhaftung durch Nationalsozialisten und ungarische Pfeilkreuzler, die ihn ins Konzentrationslager Auschwitz deportieren wollten. Mit seinen Geschwistern floh er zu Verwandten nach Budapest und lebte dort in einer Wohnung unter dem Schutz der Helvetischen Konföderation. Die Ereignisse dieser Jahre beschrieb er in den BüchernHeimkehr undGlück. Konrád studierte in Budapest Literaturwissenschaft, Soziologie und Psychologie bis zum Ungarnaufstand 1956. Anschließend arbeitete er von 1959 bis 1965 als Jugendschutzinspektor für die Vormundschaftsbehörde eines Budapester Stadtbezirks. Nebenbei publizierte er erste Essays. Ab 1965 stellte ihn das Budapester Institut und Planungsbüro als Soziologen für Städtebau ein. Sein Romandebüt Der Besucherveröffentlichte er 1969. Seit dem Erfolg des Erstlingswerkes konzentrierte er sich auf die literarische Arbeit. In seinen Essays plädierte er für ein friedliches Mitteleuropa, das die Grenzen zwischen Ost und Westüberwinden solle. Als Demokrat und Dissident zählte er neben Václav Havel, Adam Michnik, Milan Kundera oder Pavel Kohout zu den wichtigsten Stimmen vor 1989. Weil er zwischen 1978 und 1988 nicht publizieren durfte, reiste er durch Westeuropa, Amerika und Australien. Das Publikationsverbot wurde erst 1989 aufgehoben. Am 13. September 2019 starb Konrád im Alter von 86 Jahren in seinem Haus in Budapest.
Hans-Henning Paetzke, geboren 1943 in Leipzig, absolvierte eine Schauspielausbildung, bevor er in Halle, Budapest und Frankfurt am Main klassische Philologie, Germanistik und Psychologie studierte. Seit 1968 ist er freiberuflich als literarischerÜbersetzer, Herausgeber und Autor tätig. Hans-Henning Paetzke lebt in Budapest.
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