Beschreibung
Für Menschen als endliche Lebewesen gibt es die Zeit an und für sich nicht, sie sind auf Strukturen, Rhythmen und Gestalten der Zeit angewiesen, um Erfahrungsräume und Erwartungshorizonte aufzubauen. So besteht eine zentrale Aufgabe von Kulturen darin, Zeitgestalten zu erfinden und zu prägen, die zur Grundlage von menschlichen Wahrnehmungen, Geschichten und Erfahrungen werden. Grundformen und -prinzipien solcher Zeitkonstruktionen werden im ersten Teil diskutiert, während der zweite Teil Konzepte und Modelle von Tradition vorstellt. Auch hier geht es nicht einfach um die Aussage, dass solche Modelle konstruiert sind, sondern wie sie konstruiert sind: über Genealogien, Kanonisierungsprozesse, die Erfindung des Klassischen oder künstlerische Ideen von Gleichzeitigkeit. Die Neuauflage des Klassikers wird ergänzt durch zwei Essays aus der Gegenwart, die aktuelle Verbindungen zwischen dieser kulturwissenschaftlichen Grundlagenforschung und der Theorie des kulturellen Gedächtnisses herstellen.
Autorenportrait
Die Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann (*1947) ist Professorin (em.) für Anglistik und Allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Konstanz. Neben zahlreichen Arbeiten zur englischen Literatur und zur Archäologie der literarischen Kommunikation beschäftigt sie sich besonders mit der Thematik der Erinnerung und des Vergessens. Gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Ägyptologen Jan Assmann, prägte sie den Begriff des kulturellen Gedächtnisses. 2018 wurden Aleida und Jan Assmann mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.