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Mohammad, der Prophet

Roman

Erschienen am 01.10.2009
Auch erhältlich als:
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783546004510
Sprache: Deutsch
Umfang: 288 S.
Format (T/L/B): 2.5 x 21 x 13 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Zayd, der Adoptivsohn des Propheten, erhält nach dessen Tod von den Anführern des Islam eine ehrenvolle Aufgabe: Er soll Allahs Offenbarungen an Mohammad sammeln, indem er alle befragt, die sie gehört haben. Ein Jahr lang reist und arbeitet er, bis der Koran fertig ist. Doch das Buch wird abgelehnt- starke Gegner unter den Muslimen wollen eine andere Lehre. Da begreift Zayd, dass er der einzige ist, der das Leben Mohammads aufzeichnen kann, ohne dass die Erinnerung an den Propheten umgedeutet und verändert wird. Erneut macht er sich auf die Reise und redet mit denjenigen, die Mohammad kannten: seiner Familie, seinen Dienern, den Wissenschaftlern und den Dichtern, seinen Freunden und Feinden. Ein Reigen aus Geschichten entsteht, in farbenfrohen Szenen schildert Zayd das Leben desPropheten von der Geburt bis zum Tod. Und dieses Leben erweist sich als der Schlüssel zum Koran: Als Zayd im Licht seiner Erfahrungen auf der Reise den Koran neu ordnet, wird das Buch als die wahre Lehre angenommen.

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Autorenportrait

Kader Abdolah, 1954 im Iran geboren, studierte Physik in Teheran und war aktiv in der Studentenbewegung. 1988 floh er aus politischen Gründen mit seiner Familie in die Niederlande, wo er heute in der Nähe von Amsterdam als freier Autor lebt. Sein Name ist ein Pseudonym, gebildet aus den Namen zweier ermordeter Freunde. Kader Abdolah zählt zu den bedeutendsten iranischen Exilautoren und gilt zugleich als wichtiger holländischer Autor.

Leseprobe

Zayd, der Chronist Zayd ibn Salith ist mein Name. Ich bin der Chronist des Gesandten Mohammad. Der Gesandte hatte keinen Sohn. Er adoptierte mich, als ich etwa sieben Jahre alt war. Alle nannten mich Zayd ibn Mohammad: Zayd, Sohn Mohammads. Ich muss fünf Jahre alt gewesen sein, als meine Mutter mich zu einem Besuch bei Verwandten in die Stadt Taif mitnahm. An diese Reise habe ich keine Erinnerung, erst viele Jahre später erzählte mir meine Mutter Folgendes: »Wir reisten mit einer Karawane von zwölf Kamelen durch die Wüste. Ich hatte dich die ganze Zeit auf dem Schoß. Solange wir im Sattel saßen, hieltest du still und schautest um dich, doch sobald die Karawane eine Rast einlegte, hatte ich Mühe, dich bei mir zu behalten. Du ranntest in alle Richtungen und gingst mit jedem mit. Auf dem Markt von Taif hast du dich losgerissen und bist hinter einem Stand verschwunden. Ich rannte dir nach, aber du warst nirgends zu sehen. Ich rannte zu den anderen Ständen: kein Zayd. Ich weinte, ich schrie, ich lief hin und her, doch von dir nirgends eine Spur. Als der Tag zu Ende ging und alle fortgezogen waren, stand ich mit leeren Händen da. Ich traute mich nicht zu deinem Vater zurück. Du warst sein Lieblingssohn, und ich hatte dich verloren.«Jemand hatte mich, Zayd, geraubt, doch wie es sich zugetragen hatte, weiß ich nicht mehr. Ich habe auch keinerlei Erinnerung mehr an meine Mutter oder den Markt. Aber ganz deutlich sehe ich mich noch mit ein paar anderen Jungen nackt und verdreckt wie kleine Äffchen in einem Käfig sitzen. Hinterher habe ich begriffen, dass ich zwei Jahre lang von Hand zu Hand ging. Als ich sieben war, kaufte mich ein kleiner Sklavenhalter aus Mekka auf dem Bazar von Dschandal und nahm mich mit in seine Heimatstadt. Dieser Händler hieß Hakim bin Haram; er war sehr dick. Von diesem Zeitpunkt an habe ich fast alles im Gedächtnis behalten, denn mein Leben nahm eine bedeutsame Wende. Ich wusste, dass ich auch aus Mekka stammte, und hoffte, meinen Eltern auf der Straße oder auf dem Sklavenmarkt zu begegnen. Den ganzen Tag über summe ich ihre Namen vor mich hin, um sie nur nicht zu vergessen. Mein Vater hieß Thabit ben Scharasil. Der Name meiner Mutter lautete Sadi bint Salab. Ich träumte von dem Augenblick, da ich meine Mutter auf dem Markt entdecken und ihr zurufen würde: »Sadi bint Salab, ich bin Zayd, dein Sohn!«Doch Mutter und Vater sollten in Wirklichkeit ganz anders sein, als ich sie mir vorstellte. Und auch mich sollten sie nicht mehr wiedererkennen, denn ich hatte mich sehr verändert; die Sonne hatte meine Haut dunkel gefärbt. Nichts aber ist launischer als das Schicksal. Als der Sklavenhalter Hakim bin Haram bei seinem Haus ankam, ließ er mich wie eine Ziege im Innenhof frei. Dann durfte ich das Haus betreten. Noch am selben Tag klopfte es an der Tür, und der Sklavenhalter rief: »Zayd, mach auf!«Ich tat, wie mir geheißen. Eine ältere Frau trat ein. Ich hielt sie für die Frau meines Herrn. »Wer bist du?«, fragte sie freundlich. Ich schwieg. »Wie heißt du?«, fragte sie. »Er heißt Zayd«, rief mein Herr aus dem Zimmer, »ich habe ihn auf dem Markt von Dschandal gekauft.«Die Frau war eine Kusine meines Herrn. Sie redete eine Weile mit ihm, und als sie aus seinem Zimmer trat, sagte sie zu mir: »Komm, ich nehme dich mit.«Ich sah meinen Herrn fragend an. Er sagte: »Zayd, das Glück ist dir hold. Meine Kusine hat keinen Sohn und hat dich gerade gekauft. Jetzt ist sie deine Herrin. Sie heißt Chadidscha. Benimm dich.« Chadidscha fasste mich an der Hand und führte mich hinaus. Obwohl ich noch ein Kind war, merkte ich gleich, dass mein neues Zuhause etwas Besonderes war. Denn im Vergleich zu anderen bewohnte Chadidscha einen wahren Palast. Chadidscha ließ mich waschen und neu einkleiden. Ich wurde wieder ein Mensch, ein ganz gewöhnlicher kleiner Junge. Gegen Abend kam ihr Mann nach Hause. »Schau!«, sagte sie und zeigte auf mich. »Ich habe dir etwas Schönes mitgebracht!«Ihr Mann hieß Mohammad ibn Abdallah. Der zukünftige Gesandte Allahs. Am nächsten Morgen rief mich Mohammad zu sich: »Folge mir, Zayd!«Er war mein neuer Herr. Ich brauchte nicht zu wissen, wohin er ging, ich lief einfach hinter ihm her. Ich konnte nicht ahnen, dass er sich auf die Suche nach meinen Eltern machte.