Beschreibung
Casino, Formel 1 und teure Yachten: So kennt man Monaco aus den Boulevardblättern. Doch was steckt wirklich hinter dem wirtschaftlichen Erfolg des kleinen Fürstentums? Thomas Veszelits nimmt das Unternehmen Monaco unter die Lupe.
Autorenportrait
Thomas Veszelits, Jahrgang 1947, Absolvent der Hochschule für Film und Fernsehen, lebt als Autor und freier Journalist in München. Er arbeitete für die Münchner Abendzeitung und schrieb für Bunte,Welt am Sonntag, Quick, Playboy und GQ. Als Chefredakteur leitete er Tagesblätter in Budapest und Prag. 2005 erschien bei Campus sein Buch Die Neckermanns.
Leseprobe
1. Auf den Spuren von Monacos Erfolgsgeheimnis"Wer sich Sorgen macht, dass die Welt durch Überbevölkerung verarmt, der soll nur nach Monaco blicken. Hier leben die reichsten Menschen an dem am dichtesten besiedelten Ort des Globus. Die Zukunft gehört den kleinen Staaten." Mit diesen Worten warb der Patriarch Rainier III. für seine kuriose Minimonarchie. Rund 32?000 Einwohner drängen sich auf ganzen zwei Quadratkilometern Landesfläche. Es ist kaum zu glauben, dass Monaco zweimal in Münchens Englischen Garten oder dreimal in den Wiener Prater passen würde. Nirgendwo auf der Welt ist die Konzentration an Banken, Millionären, Gourmettempeln, Juwelieren, Luxusautos und Jachten höher als hier.So viel Reichtum zieht. Anfang 2006 besuchte der chinesische Außenminister Li Zhaoxing mit einer zwölfköpfigen Delegation das Fürstentum, um vor Ort eine Botschaft zu eröffnen. Ein wichtiger Schritt in Monacos Zukunft: China strebt den wirtschaftlichen, kulturellen und touristischen Austausch an. Auch Fürst Albert II., der das Fürstentum seit 2005 regiert, darf einen Konsul nach Peking entsenden. Es ist der erste monegassische Diplomat in der Geschichte des Reichs der Mitte und ein verheißungsvoller Beginn für Alberts Regentschaft.Die Kraft des GeistesDer florentinische Staatsphilosoph Machiavelli schrieb dereinst, "das kleinste Glied Europas muss das stärkste sein." Soweit ist Monaco bei aller Banken- und Jachtendichte zwar noch nicht, doch es geht unaufhaltsam aufwärts mit dem kleinen Fürstentum. Um das Erfolgsgeheimnis zu lüften, hilft ein Blick in die Geschichte. Hier offenbart sich, welche Strategien der Zwergstaat schon seit 700 Jahren verfolgt. Das folgende, fast 150 Jahre alte Beispiel lässt erahnen, wie das monegassische Geschäftsmodell funktioniert.Der erste Schritt in Richtung Wirtschaftsmacht beginnt Mitte des 19. Jahrhunderts mit einem Betrug. Zwar wirft das Casino im sechsten Jahr nach seiner Gründung 1866 bereits drei Millionen Franc Gewinn ab, aber sprichwörtlich kommt der Appetit mit dem Essen. Der monegassische Fürst Charles III., von dem Anfangserfolg berauscht, will nun international die Werbetrommel für den Felsenstaat rühren, um noch mehr Besucher in sein Spielcasino zu locken und auch Investoren für den Ausbau zu ködern. Was liegt da näher als ein eigener Stand auf einer Weltausstellung, die sich mit dem aufkommenden Industriezeitalter als wichtiges Forum zur Präsentation des nationalen Fortschritts etabliert? Bei der ersten Weltausstellung, die 1851 in London stattfindet, könnte Monaco noch nicht mal in seinen kühnsten Träumen an einen eigenen Pavillon denken. Etwas Parfüm, Olivenöl, eine bescheidene Ernte von Zitrusfrüchten, einige Holzarbeiten der Fischer, das ist schon alles, was die winzige Mittelmeermonarchie produziert. Dennoch kommt man in Monaco nicht von der Idee los, sich auf dem regelmäßig stattfindenden "Jahrmarkt der Nationen" zu präsentieren.Die Besucherzahlen der Expo sind für damalige Verhältnisse gigantisch: Sechs Millionen Menschen strömen 1862 zur zweiten Weltausstellung, die wieder in London stattfindet. Zur Expo 1867 nach Paris reisen nahezu alle Fürsten Europas an. "Diese Chance darf man nicht verpassen", wettert Charles III. Da kommt ein Vorschlag von Marie Blanc, der Frau seines Casinodirektors, wie gerufen. Bei der bevorstehenden Weltausstellung in Wien 1873 will sie niedlichen keramischen Nippes ausstellen, wie er angeblich typisch für Monaco sein soll. Charles gefällt der Vorschlag. Leider hat Monaco weder Tonmanufakturen noch nennenswertes Kunsthandwerk. Eine Glashütte aus der Zeit des Sonnenkönigs ist in Ermangelung an Rohstoffen längst eingegangen. Woher also die Keramik nehmen?Doch Madame Blanc beweist Einfaltsreichtum und Organisationstalent. Nach ihren Entwürfen lässt sie Keramiken in einer Manufaktur in den spanischen Pyrenäen herstellen. Die neckischen Figürchen von flötenden Schäfern und winkenden Blumenmädchen werden stolz in Monacos Pavillon auf dem Wiener Weltausstellungsgelände präsentiert. Sie finden Gefallen und werden in riesigen Mengen bestellt. Frau Blanc erschrickt, denn der spanische Hersteller ist für einen Großauftrag zu klein. Dann werden die Erzeugnisse obendrein noch vom Ausstellungskomitee mit einem Preis geehrt, und um das Maß voll zu machen, meldet sich die Jury zur Besichtigung der Keramikfabrik und zur Preisübergabe in Monaco an. Im Fürstentum befürchtet man schon, jetzt als Betrüger ertappt zu werden, der sich mit fremden Federn schmückt.Das Schicksal hilft aus der Bredouille. Nach der Weltausstellung kommt es zum Wiener Börsenkrach und einer Choleraepidemie. Wegen der kritischen Lage streicht die Weltausstellungsgesellschaft sämtliche Dienstreisen. Die Jury kommt nicht, und Monaco gewinnt Zeit. Marie Blanc gelingt es, den spanischen Keramikfabrikanten zum Umzug zu bewegen und lockt mit Steuerfreiheit. Die Keramikmanufaktur siedelt sich ganz in der Nähe des Hafens La Condamine an und bleibt bis 1924 erhalten.Die Teilnahme an der Weltausstellung, die 7,3 Millionen Besucher zählt, lohnt sich. Monaco hat sich international vorgestellt und Neugier geweckt. Zu den reichen Franzosen gesellt sich fortan die internationale Prominenz und wirkt auf das "Fußvolk" wie ein Magnet. Schon in der Wintersaison 1873/74 reist die hohe Aristokratie aller Länder zu einem Wettbewerb im Taubenschießen nach Monaco an. Die Kurlisten des Jahres sind bis heute erhalten: Der Prince of Wales steht neben Namen wie Chimay, der belgischen Bier- und Käsedynastie, den Bierbaronen von Fürstenberg, den Post- und Forstmagnaten Thurn& Taxis, Europas größtem Waldbesitzer Schwarzberg, dem altbyzantinischen Diplomatenadel Ypsilanti, und der Herzogen-Sippe von Urach-Württemberg.
Inhalt
Inhalt1.Auf den Spuren von Monacos Erfolgsgeheimnis 92.Das Erbe der Condottieri 153.Die Glücksritter 334.Der Casinostaat 665.Der Tanz auf dem Vulkan 836.Monaco und die Nazis 1027.Der Club der Milliardäre 1338.Vom Operettenstaat zur Wirtschaftsmacht 1529.Der Fürst als Manager 18410.Die moderne Casinogesellschaft 19511.Die Zukunft des Steuerparadieses 20712.Ein fürstlicher Industriestandort 229Nachwort: Die Inthronisationsrede von Fürst Albert II. 246Zeittafel 256In eigener Sache: Monaco und ich 259Literatur 263Stammbaum der Grimaldis 265Register 269
Schlagzeile
Das Fürstentum als Unternehmen
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