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'Ich will eine Welt ohne Kriege'

Erschienen am 15.07.2010, 5. Auflage 2020
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783608942507
Sprache: Deutsch
Umfang: 124 S.
Format (T/L/B): 1.2 x 19.6 x 11.5 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Mit seinem bisher persönlichsten Buch richtet sich Arno Gruen direkt an Leser aller Generationen, die nicht aufgeben, von einer besseren Welt zu träumen. Was ist lächerlich an der Vorstellung einer Welt ohne Gewalt? Warum wird der Traum von einem friedlichen Zusammenleben als kindliche Illusion abgetan, für Frieden demonstrierende Jugendliche sogar belächelt? Arno Gruen antwortet: Weil die Kraft der Träume die Anpassung an die angebliche Realität gefährdet. Menschen werden genau dann zu Eroberern und Kriegstreibern, wenn sie Gewalt mit Lebendigkeit verwechseln. Solange diese Illusion funktioniert, wird Größenwahn für Stärke gehalten. Gerade junge Menschen sind noch in der Lage, Ungerechtigkeit und Benachteiligung zu erkennen, weil sie noch mit den Opfern mitfühlen. Doch angesichts nicht endender Kriege fragen sich viele Menschen, ob es heute überhaupt noch richtig ist, Kinder in die Welt zu setzen. Arno Gruen engagiert sich in diesem aufrüttelnden Manifest mit Nachdruck für die Kraft der Träume. Denn der feste Glaube an das Gute in der Welt ist folgenreicher und lebendiger als politische Ideologien. Es ist sein Appell an die kommenden Generationen, sich die Kraft für den Frieden zu bewahren, und macht Mut, dafür einzutreten.  

Autorenportrait

Arno Gruen, 1923 in Berlin geboren, emigrierte 1936 in die USA. Nach dem Studium der Psychologie leitete er ab 1954 die psychologische Abteilung der ersten therapeutischen Kinderklinik in Harlem. 1961 promovierte Arno Gruen als Psychoanalytiker bei Theodor Reik. Es folgten Professuren in Neurologie und Psychologie. Daneben führte er seit 1958 eine psychoanalytische Privatpraxis in Zürich, wo er seitdem lebte und praktizierte. In seinen zahlreichen Veröffentlichungen beschäftigt sich Arno Gruen mit den psychologischen Ursachen für Autoritätsgläubigkeit, Fremdenhass, Gewalt und Diktatur sowie den emotionalen Voraussetzungen für Demokratie. Für das bei Klett-Cotta erschienene Buch "Der Fremde in uns" erhielt Arno Gruen im Jahr 2001 den Geschwister-Scholl-Preis. Am 20. Oktober 2015 verstarb Arno Gruen im Alter von 92 Jahren.

Leseprobe

Vorwort Dieses Buch wurde für junge Menschen geschrieben - in dem Glauben, dass diese noch stärker an ihrer eigenen Sicht der Wirklichkeit festhalten als ältere Generationen. Leider übernehmen wir ja mit dem Alter sehr oft die in unserer Gesellschaft üblichen Denksysteme, die sich in Sätzen wie 'Der Beste gewinnt', 'Wer verliert, ist selber schuld', 'Der Mensch ist nun mal schlecht' ausdrücken. Man passt sich an, weil alles andere Angst macht. Die Jüngeren dagegen sehen noch andere Ufer. Sie möchte ich erreichen und ihre Wahrnehmung stützen. Natürlich wende ich mich auch an diejenigen, die in ihrem Denken jung geblieben sind und sich ihren eigenen Blick auf die Welt bewahrt haben, die sich noch anstecken lassen von der jugendlichen Lebendigkeit, der Intensität und der Hoffnung auf ein besseres Leben. All diesen Lesern möchte ich Mut machen, sich auf das Gute, das Kreative im Menschen zu besinnen. 'Ich will eine Welt ohne Kriege' - diesen Titel verdanke ich der Begegnung mit einer Gruppe von Jugendlichen, deren Begeisterung mich bewegte. Nach einem Vortrag in Stuttgart im Januar 2005 waren sie an mich herangetreten, um mich für die Jugendzeitung 'kritische masse' zu interviewen. Sie wollten wissen, was man tun könne, um die Welt zu einem Ort zu machen, in dem Leben in all seiner Vielfalt möglich ist und bleibt. Diese Jugendlichen gingen mit ihren Fragen den Dingen ohne Furcht auf den Grund. Sie waren unerschütterlich in ihrem Wunsch nach einer friedvollen Welt. Wir stimmten darin überein, dass diese nur möglich wird, wenn 'Maximen aus dem Bauch kommen', also aus dem Herzen und dem Mitgefühl. Selbstverständlich geht es in diesem Buch nicht nur um Kriege, sondern um jede Art von Gewalt. Krieg ist jedoch die gefährlichste Form von Gewalt, denn er wird unter dem Signum der moralischen Gerechtigkeit ausgetragen. Immer wieder ziehen Nationen in den Krieg und glauben, in ihrem tödlichen Treiben eine 'heilige Mission' zu erfüllen. Den darin liegenden Widerspruch erkennen Jugendliche oft viel deutlicher als ihre Eltern. Ich erinnere mich an meine Töchter, die schon während ihrer Schulzeit eine Erwachsenenwelt, die sie in der Schule zu Schutzübungen für den Kriegsfall aufforderte, für verrückt erklärten. Sie sagten: Was für ein Unsinn! Krieg war für sie unter keinen Umständen zu rechtfertigen oder entschuldbar. In diesem Sinne widme ich dieses Buch der Jugend und den Erwachsenen, die wie ihre Kinder noch eine Hoffnung für die Menschheit in sich tragen. Idee und Anregung für dieses Buch kamen von meiner Frau Simone. Das kritische Lesen übernahm unsere Tochter Zoé. Der Text selbst wurde gemeinsam mit Monika Schiffer geschrieben, deren einfühlsames Wirken dessen Gestaltung prägte. Träume sind Lebendigkeit Wünscht sich ein Kind eine Welt ohne Kriege, wird es von Erwachsenen als naiv abgetan, genauso wie der Jugendliche, der für Frieden demonstriert. Aber was ist naiv an solchen Wünschen? Was ist lächerlich daran, sich eine Welt ohne Gewalt vorzustellen? Warum wird ein von Liebe bestimmtes menschliches Zusammenleben verächtlich als naiver Traum abgetan? Es gilt als erwachsen und realistisch, sich mit Kriegen abzufinden. 'Erwachsene' halten Gewalt für ein Naturgesetz. Der Mensch sei nun mal böse, heißt es. Sogenannte Realisten haben viele solcher Weisheiten auf Lager: 'Was im Leben zählt, ist der Erfolg', 'Einer muss immer das Sagen haben', 'Wenn man etwas haben will, muss man es sich erkämpfen', 'Die Welt ist schlecht': Sätze wie in Stein gemeißelt, die vermeintliche Wahrheiten verkünden und doch nichts anderes sind als Behauptungen von Menschen, die nicht mehr bereit sind, an die Möglichkeit einer anderen und besseren Welt zu glauben. 'Vielleicht fehlt uns der Träumer, und wir wissen noch nicht einmal, dass er uns fehlt. der Träumer, der wahre begeisterte Irre, der Einsame, der wirklich Verlassene, der einzige tatsächliche Rebell.'1 Das schrieb vor etwa 60 Jahren der Schriftsteller Henry Miller. Träume können subversiver sein als politische Ideologien, deshalb sind sie für die selbsternannten Realisten so bedrohlich. Eine Patientin erzählte mir einmal, wie sie mit fünf oder sechs Jahren im Garten auf einen wunderschönen mit Schnee bedeckten Baum schaute. Plötzlich schlug ihr die Mutter, die sich von hinten genähert hatte, mit der flachen Hand in den Nacken und schrie sie an: 'Hör auf zu träumen!' Die Erinnerung der Patientin war so stark, so gegenwärtig, dass sie mich fragte, ob ich es gesehen hätte. 'Hört auf zu träumen!' ist eines der typischen Diktate, die Erwachsene zwischen sich und Jugendliche stellen. Träumen macht vielen Erwachsenen Angst, denn Träumen bedeutet Freiheit von den Einschränkungen des Alltags, von einer Ordnung, die dem Denken Grenzen setzt, aber auch Schutz vor Zweifeln und Unsicherheiten bietet. Viele Erwachsene haben sich in ein Bollwerk aus Pseudo-Wahrheiten eingemauert. Eine solche Festung gibt ihnen das Gefühl, sicher vor Überraschungen zu sein und das Leben unter Kontrolle zu haben. Doch was ist das Leben ohne Überraschungen? Sicherheit ist das Gegenteil von Spontaneität und Neugier, von Mitmenschlichkeit und der Freude am Neuen, am Anderen, am Unbekannten. Kurz: Sicherheit ist der Tod alles Lebendigen. Träume dagegen bedeuten Lebendigkeit. Träume durchdringen die Mauern der Ignoranz und öffnen den Blick für das, was im Leben alles möglich wäre. Die amerikanischen Indianer verstanden dies.2 Deshalb hatten sie ein volles Leben - trotz materieller Not und Unsicherheit. In ihrer Weisheit wollten sie diese Unsicherheit auch gar nicht aufgeben. Diese Menschen besaßen, was wir heute weitgehend verloren haben: Gleichmut in der Unsicherheit, Sicherheit in der Hilflosigkeit. Denn ihre Stärke wurzelte nicht in Unverletzlichkeit, sondern im Akzeptieren von Leid und Schmerz als einem selbstverständlichen Bestandteil des Lebens (auf diesen Punkt werde ich noch zurückkommen). Eine Jugend, die noch träumen kann, hat noch etwas von diesem Potential. Der Verlust kommt erst später, wenn das Träumen aus Gründen der Anpassung aufgehört hat. In seinem Roman 'Nachtzug nach Lissabon' schreibt Pascal Mercier über die Jugend: 'Wieviel Leben sie noch vor sich haben; wie offen ihre Zukunft noch ist; was noch alles mit ihnen passieren kann; was sie noch alles erleben können.' Eltern, aber auch Gesellschaften im Allgemeinen, haben drei Alternativen, sich gegenüber diesem Zukunftspotential ihrer Kinder zu verhalten: Entweder sie lieben deren Möglichkeiten und fördern diese so gut sie können. Oder sie missbrauchen sie, um ihre eigenen Vorstellungen als gute Eltern zu bestätigen. Oder sie unterdrücken dieses Lebendige, weil sie es selbst nie leben durften, weil sie es ihren Kindern neiden und deshalb niedermachen müssen. Darum geht es in diesem Buch - und natürlich um die Frage, was das alles mit unserem Wunsch nach einer friedlichen Welt zu tun hat. [.]

Schlagzeile

Wir müssen uns nicht damit abfinden, daß es Kriege gibt. Sie sind von Menschen gemacht. Jeder kann etwas tun, um sie zu verhindern.

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