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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783608946154
Sprache: Deutsch
Umfang: 171 S.
Format (T/L/B): 2 x 21.1 x 13.4 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Das Wörtchen 'Wert' hat Konjunktur. Doch von Werten wird erst im vollendeten Kapitalismus geredet, also seit dem späten 18. Jahrhundert. Auf dem Markt, auf dem alles zur Ware und jede menschliche Beziehung zu einer Geldbeziehung wird, hat diese Rede tatsächlich ihren Sinn. Aber außerhalb des Marktes leistet sie gerade nicht, was sie verspricht. Denn Beständigkeit haben Werte nicht zu bieten. Sie sind schwankend wie die Börsenkurse, und in ihrem Drang, sich gegen andere Werte durchzusetzen, können sie zum Feind der Freiheitsrechte werden. Nach einem kritischen Gang durch die Geschichte der Wertphilosophie - von Friedrich Nietzsche und Karl Marx über Nikolai Hartmann bis zu Christian von Ehrenfels - erkundet Eberhard Straub die Abstrusitäten, die die Inflation der Werte in unserer Zeit produziert. Er entlarvt eine verlogene Terminologie, die von Toleranz und Freiheit redet, aber auf Intoleranz und Unfreiheit abzielt.

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Autorenportrait

Eberhard Straub, geboren 1940, ist habilitierter Historiker, Journalist und Buchautor. Er war Feuilletonredakteur bei der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«, dann Pressereferent des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft. Seit 2001 lebt er als freier Publizist in Berlin und ist als Biograph u.a. mit einer Geschichte der Familie Furtwängler hervorgetreten.

Leseprobe

EINLEITUNG Die beiden entscheidenden Mächte, welche das sittliche Leben bestimmen und bedingen, der göttliche Geist und der individuelle Menschengeist, sind außerhalb des Staatsbereiches. Das Reich der Sittlichkeit ist viel umfassender als das Reich des Staates. Wenn der Staat dasselbe beherrschen will, so überschreitet er die Schranken, die ihm gesetzt sind, und wirkt schädlich für die Sittlichkeit.' Diese Vorstellung Johann Caspar Bluntschlis teilten die liberalen Bürger im 19. Jahrhundert. Der neutrale Staat hat festzusetzen, was rechtens ist, um eine Rechtsordnung zu ermöglichen, in der jeder, ohne den anderen zu schaden, seine Freiheit nach eigenem Ermessen verwirklichen kann. Der Staat entbehrte damit keineswegs der sittlichen Legitimation, weil er die Freiheit der Bürger schützte, eine Freiheit, die den Staat braucht, um sicher zu sein vor Übergriffen aus der immer beweglichen und unter sich uneinigen Gesellschaft. Außerdem hing er über seine Bürger mit den Mächten zusammen, die das sittliche Leben bestimmen, mit der christlichen Religion und den verschiedenen philosophischen Schulen. Dennoch machte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein wachsendes Unbehagen am Pluralismus bemerkbar und an der Historisierung aller Ideale, Tugenden, Überzeugungen als vorübergehende, zeitverhaftete Erscheinungen, die im dauernden Werden aufsteigen und absinken. Diese Relativierung aller sinngebenden Mächte überforderte ganz offensichtlich den Bildungsbürger, der sich vor Sinnverlust, Nihilismus und dem Kampf der Kulturen fürchtete. Keine Gesellschaft kann ohne einige gleiche Glaubenslehren gedeihen, wie Alexis de Tocqueville 1840 zu bedenken gegeben hatte, denn ohne gemeinsame Vorstellungen gibt es kein gemeinsames Tun, und ohne gemeinsames Tun gibt es zwar Menschen, aber keinen Gesellschaftskörper. Während der fortschreitenden Demokratisierung, die ein gemeinsames Wollen forderte, konnten die konkurrierenden, oft einander entgegengesetzten Ideen und sozialen Bestrebungen gerade nicht eine wünschenswerte Übereinstimmung der Gemüter wenigstens in den wichtigsten Fragen bewirken. Der Grund für die Zerrissenheit innerhalb der Gesellschaft wurde neben der historistischen Relativierung sämtlicher Gedanken und Glaubenssätze im zunehmenden Materialismus vermutet. Beide trennen den Menschen und Bürger vom Ewigen, von über den Zeiten schwebenden Ideen und verweisen ihn auf den gegenwärtigen Augenblick, um ihn zu nutzen im Erfolgsstreben, bei der Jagd nach raschem Gewinn und schnellen Genüssen. Die dadurch erzeugte allgemeine Unrast nötige jeden, zum Ausdruck seines engen Berufes zu werden, statt sich zum freien Menschen auszubilden. Die Arbeit und der Beruf vereinzelten, trennten die Individuen voneinander, die alle als Lohn- und Gehaltsempfänger in verschiedenen Graden unfrei waren, weil in Abhängigkeit gehalten. Die große Idee der Freiheit, für die Max Stirner 1845 die suggestive Formel fand 'Der Einzige und sein Eigentum', erwies sich als große Illusion, weshalb aber die Hoffnung, zur Freiheit zu finden oder zu einem bekömmlichen Ausgleich von Vergesellschaftung und Individualisierung, nicht schwächer wurde. Sozialisten, Bildungsbürger, humanistische Idealisten oder Christen erkannten im ruhelosen Geld den alles umstürzenden Beweger. Was der Mensch aus seinen eigenen Wesenskräften nicht vermag, das kann er durch das Geld. Er kann alles kaufen, es ist der einzige Wert und das wahre Vermögen. Der Bourgeois kam mit Hilfe des Geldes zu seiner Macht und wird nun von ihm über den Globus gejagt. Es gibt kein anderes Band mehr zwischen den Menschen als das Interesse und die gefühllose, bare Zahlung, wie Karl Marx 1848 schrieb. Alles Übrige ist in dem eiskalten Wasser der Berechnung ertränkt worden. Die Bourgeoisie 'hat die persönliche Würde in den Tauschwert aufgelöst und an die Stelle der zahllosen, verbrieften und wohl erworbenen Freiheiten die eine gewissenlose Handelsfreiheit gesetzt'. Der Leseprobe

Schlagzeile

Das Gerede von Werten bedroht die Menschenwürde