Beschreibung
George hat aus fünfzig der hundert Gesänge kürzere oder längere Stellen ausgewählt; es sind, in seiner Auffassung, die dichterischen Höhepunkt. Georges von innerer Verwandtschaft und Verbundenheit geleitete Arbeit an Dante hat des Dichters eigenes Werk nachhaltig beeinflusst. Im Anhang des Bandes findet sich ein Verzeichnis aller Lesarten der bis heute bekannten schriftlichen und gedruckten Überlieferung, das den Nachvollzug der Entstehungs- und Veröffentlichungsgeschichte ermöglicht.
Autorenportrait
Stefan George, 1868 im hessischen Büdesheim als Sohn eines wohlhabenden Gastwirts geboren, wohnte ab 1873 in Bingen. Nach dem Abitur reiste er durch ganz Europa und studierte dabei Philologie, Philosophie und Kunstgeschichte. In dieser Zeit traf George viele avantgardistische Autoren, in Frankreich die Symbolisten, in England die Präraffaeliten. Ab 1900 lebte er überwiegend in Deutschland, seit 1903 vor allem in München. Die Schwabinger Bohème inszenierte und verehrte George als Dichterfürsten. Aus Protest gegen das Nazi-Regime emigrierte George 1933 nach Minusio bei Locarno. Er starb dort am 4. Dezember des gleichen Jahres, betrauert von seinen Schülern, darunter Klaus Mann und die Brüder von Stauffenberg. Neben Einzelausgaben erscheinen bei Klett-Cotta auch 'Sämtliche Werke in 18 Bänden'.
Leseprobe
ODYSSEUS LEZTE FAHRT Nachdem die flamme angelangt war dorten Wo es ihm gut erschien nach ort und stande Hört ich den führer reden mit DEN worten: Ihr die ihr beide seid in Einem brande Wenn ichs um euch verdient wie ihr auch richtet · Wenn ichs um euch verdient im erdenlande Als ich die hohen verse einst gedichtet: Geht nicht hinweg. einer von euch entdecke Wie er zum tode kam durch sich vernichtet!. Der alten doppelflamme grössre ecke Zuerst mit murmeln auf- und niederragte Wie eine die der windeshauch erschrecke · Dann mit der spitze hier und dorthin jagte. Als wäre zunge sie die ihn entsandte So schnellte sie den laut hervor und sagte: Ich trennte mich von Kirke die mich wandte Ein jahr schon bei Gaëta ab vom wege Bevor Aeneas so den platz benannte. Nicht zärtlichkeit des sohnes · nicht die pflege Des greisen vaters · nicht die schuldige liebe Die in Penelope die freude rege: Vermochte dass mein drängen unterbliebe Wie ich mich über alle welt belehre · Der menschen tüchtigkeit und eitle triebe. Ich steuerte hinaus zum offnen meere Mit Einem fahrzeug und den paar genossen Die mich erwählt zum ständigen verkehre. Die beiden ufer hatten wir erschlossen Bis nach Marokko bis zu den Hispanen Und andrem land vom gleichen meer umflossen. Wir alt und müd schon ich und die kumpanen Gelangten dann zu jenem engen rachen Wo uns die pfosten Herkules' gemahnen Von hier ab weiter keinen schritt zu machen. Rechts liess ich schon die küste der Iberer Links hatte Ceuta hinter sich der nachen. O brüder · sprach ich · durch die unzahl schwerer Gefahren seid ihr nun gelangt zum westen. Zeigt euch an hohem sinne nun nicht leerer In eures lebens nur noch kargen resten: Dass ihr jezt die erforschung wolltet missen Der sonnrückwärtigen unbewohnten festen. Ich ruf euch eure abkunft ins gewissen: Ihr seid nicht da zu leben gleich den kühen Doch zum verfolg von tüchtigkeit und wissen. Ich machte für die weiterfahrt erglühen Mit dieser kurzen rede mein geleite - Nun hätt ich sie nur abgebracht mit mühen. Den morgen hinter sich zur tollen weite Beflügelten sie ihre ruder gerne Sich immer haltend nach der linken seite. Schon sahen in der nacht wir alle sterne Des andern pols · die unsren so in tiefen Dass sie nicht tauchten aus der meeresferne. Fünfmal erhellten sich und es entschliefen Sovielmal über uns des mondes strahlen Seit wir zum hohen unternehmen liefen: Als ich dann einen durch entfernung fahlen Bergzug von einer solchen höh entdecke Wie ich bis dahin schaute noch niemalen. Uns kam die freude · doch sie ward zum schrecke: Vom neuen land her eines wirbels wehen Zerschmetterte des fahrzeugs nächste ecke · Dreimal liess ers mit allen wassern drehen · Das hinterschiff stand hoch · beim vierten zug Das vordre abwärts - so musst es geschehen - Bis über uns das meer zusammenschlug. Hölle · XXVI. Gesang · 76-142.