0

Was mir wichtig war

eBook - Letzte Aufzeichnungen und Gespräche

Erschienen am 04.03.2010, 1. Auflage 2010
5,99 €
(inkl. MwSt.)

Download

E-Book Download
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783641035068
Sprache: Deutsch
Umfang: 208 S., 1.66 MB
E-Book
Format: EPUB
DRM: Digitales Wasserzeichen

Beschreibung

Am 11. März 2002 ist Marion Gräfin Dönhoff im Alter von 92 Jahren auf Schloss Crottorf gestorben. Über ein halbes Jahrhundert war die Gräfin das moralische Rückgrat der Wochenzeitung Die Zeit. Zwei ihrer Wegbegleiter und engsten Vertrauten, Haug von Kuenheim und Theo Sommer, haben in den letzten Monaten ihres Lebens zahlreiche Gespräche mit ihr geführt. Noch einmal sagte sie, was ihr im Leben wichtig war und was sie weitergeben wollte an die Nachwelt.

Autorenportrait

Marion Gräfin Dönhoff, geboren 1909 in Ostpreußen, unternahm nach dem Abitur ausgedehnte Reisen durch Europa, Nordamerika und Ostafrika. Dann studierte sie Volkswirtschaft; 1936 trat sie in die Verwaltung der Familiengüter ein, deren Leitung sie 1939 übernahm. 1945 musste sie vor der herannahenden Front nach Westdeutschland fliehen. Seit 1946 gehörte sie der Redaktion der Hamburger Wochenzeitung DIE ZEIT an. 1955 wurde sie Leiterin des politischen Ressorts, 1968 Chefredakteurin und 1973 Herausgeberin. Sie ist u.a. mit dem Theodor- Heuss-Preis (1966) und dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels (1971) ausgezeichnet worden. Zahlreiche Buchveröffentlichungen, u.a.: "Namen, die keiner mehr nennt", "Kindheit in Ostpreußen"(1988), "Zivilisiert den Kapitalismus" und "Um der Ehre willen. Erinnerungen an die Freunde vom 20. Juli" (1994). . Marion Gräfin Dönhoff verstarb 2002 im Alter von 92 Jahren.

Leseprobe

Vorwort
Marion Gräfin Dönhoff war eine der großen Journalistinnen des 20. Jahrhunderts. Nur wenige Deutsche sind in der Zunft der international angesehenen Publizisten zu so hohem Ansehen gelangt. Draußen in der Welt galt sie als klare, verlässliche Stimme Deutschlands. Im Lande selbst ist sie ein halbes Jahrhundert lang weit mehr gewesen als eine schreibgewaltige, urteilsstarke Kommentatorin: eine moralische und, jenseits der Parteien, eine politische Instanz. Dabei hatte sich die ostpreußische Gutsbesitzerin auf das journalistische Metier nie vorbereitet. Als es sie 1946 zur ZEIT nach Hamburg verschlug, tat sie den Sprung ins kalte Wasser. Sie wurde groß mit der ZEIT und diese groß durch sie. Das Pressehaus wurde der Gräfin für 56Jahre zur Mitte ihres Daseins - 56Jahre, in denen sie das Herz und, vor allem, das Rückgrat des Blattes war.
Die Herausgeber dieses Bandes haben länger mit Marion Dönhoff zusammengearbeitet als irgendjemand sonst. Sie holte Theo Sommer, der ihr Nachfolger wurde als Chefredakteur und später - neben Helmut Schmidt - ihr Kollege als ZEIT-Herausgeber, 1957 aus dem Politischen Seminar Theodor Eschenburgs. Haug von Kuenheim stieß 1961 hinzu, wurde Stellvertretender Chefredakteur und - im privaten Bezirk - geschäftsführender Vorstand der Marion-Dönhoff-Stiftung, die sich, gespeist aus den Bucheinkünften der Gräfin und als Alleinerbin ihres privaten Vermögens, der Förderung osteuropäischer Studenten und Wissenschaftler widmet; 1999 erschien seine Biografie »Marion Dönhoff«.
Wir waren der Gräfin nahe, wenngleich in aller Nähe stets ein Stück Distanz erhalten blieb (wie umgekehrt bei der Gräfin in aller Distanz, die sie anderen gegenüber wahrte, immer ein Gutteil Nähe aufblitzte: Neugier, Interesse, Teilnahme). Wir haben 1999 zusammen als Hommage zu ihrem 90. Geburtstag ein ZEITPunkte-Heft mit ihren besten Artikeln aus fünf Jahrzehnten herausgegeben. Wir haben mitgebangt, als sie sich im Dezember 2000 zum dritten Mal einer Krebsoperation unterzog. Und wir haben mit ihr gelitten, als wir zusehen mussten, wie sie sich danach nie ganz erholte; wie ihr rechter Arm so stark anschwoll, dass sie keinen Stift mehr führen konnte; wie die Schmerzen von Monat zu Monat unerträglicher wurden, die Gräfin jedoch alle schmerzlindernden Mittel zurückwies, da diese sie, wie sie sagte, doch nur »taumelig oder benebelt« machten - das wollte sie nicht.
Im Sommer 2001 war nicht mehr zu übersehen, dass Marion Dönhoffs Kräfte schwanden. Sie wurde zu schwach, um noch die 400 Meter zu ihrem Lieblingslokal »Plat du Jour« zu gehen; schon der Weg ins Thai-Restaurant im Erdgeschoss des Pressehauses erforderte eine Kraftanstrengung. Sie konnte nicht mehr schreiben: Der letzte Artikel, den sie noch mit weichem Bleistift zu Papier brachte, »Nachbar Polen«, erschien am 13. Juni 2001; ihren allerletzten Text, eine bittere Glosse von 37 Zeilen Länge gegen die amerikanische Überrüstung, ihrer Sekretärin Irene Brauer in den Block diktiert, veröffentlichte die ZEIT am 31. Oktober.
Aber sie war geistig klar und hellwach, wenngleich sie nun schneller ermattete als früher. Sie kam in die Konferenzen des politischen Ressorts der ZEIT, telefonierte mit Gott und der Welt, erledigte pflichtbewusst ihre umfängliche Korrespondenz, trug mit brüchiger Stimme, doch ungebrochener Entschiedenheit im Kuratorium der ZEIT-Stiftung ihre Meinung zu laufenden und künftigen Projekten vor.
Damals kam uns die Idee, mit Marion Dönhoff - nun: letzte Gespräche zu führen, die Summe ihrer Lebenserfahrung, gleichsam ihr geistiges Vermächtnis aus ihr herauszufragen. Was sie selber nicht mehr schriftlich zu formulieren vermochte, sollte sie aufs Tonband sprechen. Sie wehrte sich gegen den bloßen Gedanken. Letzte Gespräche, das Ende vor Augen? Ihr Lebenswille, ihre Kraft zur Hoffnung waren noch zu stark. Aber dann, Ende November, Anfang Dezember 2001, stimmte sie auf einmal zu.
Danach haben wir im Beisein ihres Großneffen Friedrich Dönhoff vier Gespräche mit ihr g > Dabei war sie dennoch bis zuletzt die alte Gräfin: fürsorglich einerseits, voller Wissbegierde andererseits. Wir hatten sie früher oft aufgezogen: Auf ihren Gütern in Ostpreußen habe sie gelernt, »Gesindepflege« zu treiben, heute habe sie wohl wieder ihren Tag der Gesindepflege. Aber dieses Für-andere-Sorgen, Sich-um-andere-Kümmern war ihr tief eingebrannt - eine Haltung, keine Attitüde. Einmal unterbrach sie uns mitten im Gespräch: »Sagt mal, dabei fällt mir ein: Der Mike Naumann wird sechzig. Ist das nicht morgen? Haben Sie seine Handy-Nummer?« Und typisch für ihren grenzenlosen Wissensdrang war ein anderes Einschiebsel: »Ted, Sie sind doch im letzten Jahr auf so vielen internationalen Konferenzen gewesen. Was steht denn im Vordergrund der Sorgen - Sicherheitsfragen, politische oder wirtschaftliche?«
Am 1. Dezember, dem Tag vor ihrem 92. Geburtstag, sind wir mit einer Flasche Champagner unangemeldet im Pumpenkamp eingefallen. Die Gräfin öffnete die
Haustür, zugleich verblüfft und erfreut. Im Kamin loderte ein gemütliches Feuer, die Hausherrin reichte Kekse, wir ließen sie hochleben. Sie wirkte beschwingt, ihre Gebrechlichkeit überstrahlt von der Heiterkeit eines Gemüts, das noch nicht abgeschlossen hatte, aber auf alles gefasst war. Über die Feiertage fuhr sie nach Crottorf auf das Schloss ihres Neffen Hermann Hatzfeldt. Aber gleich nach Neujahr drängte sie zurück nach Hamburg: Termine, Termine! Indessen war sie nach ihrer Rückkehr sichtlich geschwächt, matt, schmerzgeplagt. Unser letztes Gespräch führten wir am 9. Januar in ihrem Büro. Nach anderthalb Stunden schlug sie vor, über Gerechtigkeit zu reden. Aber dann übermannten sie die Schmerzen. Sie bat um Vertagung. Drei Tage später stürzte sie auf der Treppe ihres Hauses und fiel in ein wochenlanges Koma. Als sie das Bewusstsein wiedererlangt hatte, holte ihr Neffe sie nach Crottorf. Nach einer kurzen Phase des wachen Dahindämmerns ist sie dort am 11. März 2002 gestorben.
Wir hatten noch eine Reihe weiterer Gespräche geplant, wollten nachfragen, Erläuterungen, Ergänzungen und Präzisierungen erbitten. Es ist nicht mehr dazu gekommen. Was wir in diesem Band als Gesprächsprotokoll vorlegen, ist denn ein Fragment - ein Fragment allerdings, das bei aller Bruchstückhaftigkeit die Essenz dessen enthält, wofür Marion Dönhoff stand, wofür sie eintrat, wofür sie kämpfte. Dies gilt zumal für ihren Appell, den Versuchungen des bloßen Materialismus zu widerstehen und den Bezug zu einer höheren Macht, die über dem Menschen waltet, nicht zu vergessen. Es war dies gleichsam der Kammerton A ihres zweiten Lebens, ihres publizistischen Wirkens.
Er war schon in dem allerersten Artikel angeklungen, den »M. D.« am 21. März 1946 auf der Titelseite der ZEIT veröffentlichte: »Opferbereitschaft, Heldentum, Ehre, Treue, das alles ist fragwürdig geworden, weil ein materialistisches Zeitalter diese Begriffe aus dem metaphysischen Zusammenhang, in dem allein ihnen Sinn zukommt, herausgelöst hat ^ Notwendig ist die geistige Wandlung des Menschen.« Ähnlich warnte sie in der Friedenspreisrede von 1971 vor der willfährigen Unterwerfung unter die Gesetze des Marktes und des Marketings: »In der Tat wird durch die totale Kommerzialisierung und technische Rationalisierung die Metaphysik und jedes den wirtschaftlichen Erfolg transzendierende Denken verdrängt.« In unseren letzten Gesprächen hat die Gräfin diese Botschaft - die auch den Kern ihres Buches »Zivilisiert den Kapitalismus« bildete - noch einmal zu einem bewegenden Aufruf verdichtet.
Neben den Gesprächsprotokollen sind in diesem Band bisher unveröffentlichte Texte versammelt: Vorträge, Dankesreden bei Preisverleihungen, Ansprachen zu den verschiedensten Anlässen. Außerdem sind hier einige Manuskripte abgedruckt, die in Marion Dönhoffs kleiner, spitzer Schrift den Bleistift-Vermerk tragen: »Mir wichtig«. Dabei konnte es nicht ausbleiben, dass sich hier und dort Wiederholungen einschlichen. Wir haben sie stehen lassen, da an ihnen abzulesen ist, auf welche Themen es der Gräfin wirk Leseprobe

Informationen zu E-Books

„E-Book“ steht für digitales Buch. Um diese Art von Büchern lesen zu können wird entweder eine spezielle Software für Computer, Tablets und Smartphones oder ein E-Book Reader benötigt. Da viele verschiedene Formate (Dateien) für E-Books existieren, gilt es dabei, einiges zu beachten.
Von uns werden digitale Bücher in drei Formaten ausgeliefert. Die Formate sind EPUB mit DRM (Digital Rights Management), EPUB ohne DRM und PDF. Bei den Formaten PDF und EPUB ohne DRM müssen Sie lediglich prüfen, ob Ihr E-Book Reader kompatibel ist. Wenn ein Format mit DRM genutzt wird, besteht zusätzlich die Notwendigkeit, dass Sie einen kostenlosen Adobe® Digital Editions Account besitzen. Wenn Sie ein E-Book, das Adobe® Digital Editions benötigt herunterladen, erhalten Sie eine ASCM-Datei, die zu Digital Editions hinzugefügt und mit Ihrem Account verknüpft werden muss. Einige E-Book Reader (zum Beispiel PocketBook Touch) unterstützen auch das direkte Eingeben der Login-Daten des Adobe Accounts – somit können diese ASCM-Dateien direkt auf das betreffende Gerät kopiert werden.
Da E-Books nur für eine begrenzte Zeit – in der Regel 6 Monate – herunterladbar sind, sollten Sie stets eine Sicherheitskopie auf einem Dauerspeicher (Festplatte, USB-Stick oder CD) vorsehen. Auch ist die Menge der Downloads auf maximal 5 begrenzt.

Weitere Artikel aus der Kategorie "Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Biographien, Autobiographien"

Alle Artikel anzeigen