Beschreibung
2017 wurde bei meiner Mutter 'vaskuläre Demenz' diagnostiziert. Die üblichen Symptome trafen bei ihr nur teilweise zu: Statt die Sprache zu verlieren war sie wortgewandt wie nie zuvor. Mit ihren Aktivitäten hielt sie nicht nur mich in Atem. Auch mit 94 Jahren war sie noch sehr aktiv; mit Ausreden erfinderisch, um die Vergesslichkeit zu kompensieren. 2020 wurde 'weit fortgeschrittene Demenz' diagnostiziert, sie könne nichts mehr 'umsetzen'. Da sie nicht mehr allein leben konnte, bin ich zu ihr gezogen. Niemals hätte ich gedacht, dass es so gut klappt. Ihr Zustand verbesserte sich erheblich. Ich hatte mir angewöhnt, für sie zu antworten. Das hat sie wieder selbst übernommen, mich mit Vergnügen korrigiert, war schlagfertig und humorvoll wie ich sie früher nicht kannte. Sie hat so gut wie möglich am aktuellen Geschehen teilgenommen, mit mir Fernsehsendungen angesehen, Videotext gelesen und kommentiert, kannte wieder die Uhrzeit (digital und analog). Sie konnte ihre Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse äußern, was sie ausgiebig und gern tat. Auch haben wir uns früher nicht so gut verstanden und so viel zusammen gelacht, oft mit Selbstironie. Ich habe sie weiterhin überall mit einbezogen. Wenn sie verwirrt war, habe ich gelernt, mich auf die jeweilige Situation einzustellen: Ob ich sie mit der Wirklichkeit konfrontieren kann (z.B. Ehemann und Eltern sind tot, ich bin ihre Tochter) oder validieren angebracht ist. Je besser unser Verhältnis wurde, desto mehr hat sie die Wirklichkeit akzeptiert, wenn ich darauf hingewiesen habe. Das Buch umfasst einen Zeitraum von 5 Jahren und gibt auch einen Einblick über die vielfältigen Aufgaben, die pflegende Angehörige oft jahrelang unter schwierigeren Umständen leisten.
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