Beschreibung
Einst lebte der junge Nathan mit seinem gewalttätigen Vater in einem Haus auf dem Land - und hat seiner Familie nie erzählt, was dort passiert ist. Einst sah die junge Maddie, die in ihrem Zimmer gerne Puppen bastelte, etwas, das sie nicht hätte sehen sollen und stellt seitdem gespenstische Skulpturen her. Einst ging etwas Unheimliches, etwas sehr Hungriges in den Tunneln, Bergen und Kohleminen in der Heimatstadt der beiden Kinder umher. Jetzt sind Nathan und Maddie verheiratet und mit ihrem Sohn Oliver in ihre Heimat zurückgezogen. Oliver lernt dort einen seltsamen Jungen kennen, der zu seinem besten Freund wird. Einen Jungen mit vielen Geheimnissen und einer Vorliebe für dunkle Magie. Ein Meisterwerk des literarischen Horrors aus der Feder des New York Times-Bestsellerautors des Pandemie-Hits Wanderers.
Autorenportrait
CHUCK WENDIG ist New York Times- und USA Today-Bestsellerautor. Er schrieb unter anderem die Star Wars: Nachspiel-Saga sowie mehrere Thriller um die paranormale Ermittlerin Miriam Black. Außerdem hat er jede Menge Scripts zu Comics, Computerspielen und TV-Serien beigesteuert. Viel Kritikerbeifall bekam er auch für seine Sachbücher rund ums Thema Schreiben & Autorenschaft. Er lebt mit seiner Familie in Pennsyltucky, was eine - meist liebevoll gemeinte - Bezeichnung für die ländlichen Regionen von Pennsylvania und Kentucky samt deren illustre Einwohner ist. Diese Eindrücke flossen zu einem ganz erheblichen Teil in seinen Wanderers-Zweiteiler mit ein.
Leseprobe
Edmund Walker Reese war ein Zahlenmensch. Kein Steuerberater oder Mathematiker, sondern vielmehr ein Mann von schlichten Interessen, und hier und jetzt, im Hinrichtungsraum des Staatsgefängnisses, saß er angeschnallt auf einem elektrischen Stuhl und ging die Zahlen durch. Drei Wärter hatten ihn hierhergebracht. Sie waren an sieben anderen Gefangenen im Todestrakt vorbeigekommen, jeder in einer eigenen Zelle. Es würde auch ein Henker da sein: ein anonymer Mann, der den Schalter umlegte, der Mann, der Edmund Reese Leben beendete. Es war zehn Uhr abends an einem Dienstag. Dem zweiten Dienstag im März 1990. (Daten waren schließlich auch Zahlen.) Doch es gab Details, die er noch nicht kannte, und so fragte Edmund den älteren Wärter, der ihm gerade den Gefängnisoverall an der Wade aufschlitzte, um Platz für die Elektroden zu schaffen. (Das Bein war am Morgen bereits rasiert worden, unmittelbar bevor Edmund Walker Reese - Eddie für seine Freunde, von denen es keine gab - seine letzte Mahlzeit zu sich genommen hatte, eine einfache Schale gut bekömmlicher Hühnernudelsuppe.) Reese tadelte den Wärter: »Seien Sie vorsichtig bei meinem linken Bein. Da habe ich eine Verletzung.« »Ist das die Stelle, an der das Mädchen Sie erwischt hat?«, fragte Graves. Aber Reese antwortete nicht. Stattdessen sagte er: »Erzählen Sie mir mehr. Mehr Zahlen. Wie viel Volt kriegt der Stuhl?« Der Wärter schniefte, stand auf und sagte: »Zweitausend.« »Kennen Sie die Maße des Stuhls? Gewicht. Breite. Und so weiter?« »Weiß ich nicht, interessiert mich nicht.« »Gibt es ein Publikum? Wie viele Leute?« Graves schaute zu dem Fenster, dem Edmund zugewandt saß - ein Fenster, dessen Stahlrollläden heruntergelassen worden waren. »Sie haben heute ein großes Publikum, Eddie.« Graves benutzte seinen Spitznamen, obwohl sie keine Freunde waren, ganz und gar nicht, aber Edmund protestierte nicht dagegen. »Anscheinend wollen die Leute wirklich sehen, wie Sie brutzeln.« Grausamkeit blitzte in Carl Graves Augen auf wie ein angezündetes Streichholz. Edmund erkannte diese Grausamkeit, und sie gefiel ihm.