Beschreibung
Der Erzähler des Buches entstammt dem gutsituierten und streng konservativen Milieu von Paris. Sein Vater ist Untersuchungsrichter, seine Mutter eine ehrgeizige Dame der Gesellschaft, die Atmosphäre nüchtern. Unter seinen Schulkameraden befindet sich ein besonderer Junge, der nicht sehr anziehend wirkt, aber durch seine ausgezeichnete Bildung beeindruckt: Silbermann. Weil Silbermann Jude ist, wird er mehr und mehr zum Opfer von Ausgrenzung und Angriffen. Dass er Stolz dagegenzusetzen versucht, verschlimmert die Lage nur. Und als der Erzähler sich auf seine Seite schlägt, steht auch ihm plötzlich eine gesamte Gesellschaft feindlich gegenüber. Aber durch Silbermann gewinnt er auch Einblick in eine neue Welt der Kultiviertheit, des Luxus und der Liebe zur französischen Literatur. Dann kommt Silbermanns Vater vor Gericht, und der Vater des Erzählers wird über ihn das Urteil zu sprechen haben "Silbermann" ist ein großer kleiner Roman, der zeitlos schön und eindringlich in ein bitteres Problem einführt.
Autorenportrait
Dem 1888 geborenen Lacretelle wurden Sprachempfinden und Weltoffenheit in die Wiege gelegt: Zwei Vorfahren waren in der Académie française, der er ab 1936 auch selbst angehören sollte, als Diplomatensohn verbrachte er die ersten zehn Lebensjahre im Ausland, und nach dem Tod seines Vaters lebte er bei seinem Großvater, einem linken Dichter und Freund Lamartines. Auch Lacretelle war mit vielen Kollegen befreundet, darunter Marcel Proust, André Gide und Jean Cocteau. Nur wenige seiner Werke wurden ins Deutsche übersetzt, u.a. aber sein erster Roman von 1920 "Die unruhige Jugend des Jean Hermelin" (Prix Dodo 1921), sein berühmtestes Buch "Silbermann" (Prix Femina 1922) und "Kreuzweg der Ehe" (Großer Romanpreis der Académie française 1930). Bedeutend war daneben auch sein Einsatz für die Wiedergeburt der großen Tageszeitung "Le Figaro" nach 1945. Und mit dem letzten Roman "Quand le destin nous mène" (1981) wandte sich Lacretelle, der vor dem Zweiten Weltkrieg auch in extrem konservativen Kreisen aktiv war, noch einmal dem Thema von Silbermann zu und erzählte ein jüdisch-französisches Schicksal. Im Januar 1985 starb er in Paris.
Leseprobe
Euer Hass ist genau das Gefühl, das manchmal in einer Gruppe von Arbeitern dazu führt, dass derjenige, der geschickter oder schneller arbeitet, von den andern einen Messerstich verpasst bekommt.