Beschreibung
Ich bin nicht Schneewittchen. Ich bin die böse Königin. Für tausend Jahre schlief die Dreizehnte Fee den Dornröschenschlaf, jetzt ist sie wach und sinnt auf Rache. Eine tödliche Jagd beginnt, die nur einer überleben kann. Gemeinsam mit dem geheimnisvollen Hexenjäger erkundet sie eine Welt, die ihr fremd geworden ist. Und sie lernt, dass es mehr gibt als den Wunsch nach Vergeltung. 'Kennst du das Märchen von Hänsel und Gretel?', frage ich flüsternd. Er braucht mir nicht zu antworten, er weiß, dass nicht alle Märchen wahr sind. Nicht ganz zumindest. Es gibt keine Happy Ends, es gab sie nie. Für keine von uns.
Autorenportrait
Meine Schreibbiografie beginnt wie die hunderter Autoren: Ich liebe Buchstaben seit ich denken kann. Schwarze Wörter auf weißem Papier, ein Hauch von Staub, das Knistern beim Umschlagen, eine verborgene Geschichte. Wie passt eine ganze Welt zwischen zwei Buchdeckel? Wie kann sie uns so sehr gefangen nehmen und fesseln, dass wir selbst nach dem kleinen Wort ENDE noch in ihr verweilen, des Nachts von ihr träumen? Bücher sie besitzen eine ganz eigene Art von Magie. Wir werden zu Helden, zu Weltrettern, zu Liebenden. Und wenn wir ein Buch zuschlagen, dann bleibt immer ein Stück von uns in seinem Herzen zurück. Solange, bis wir uns erneut auf die Reise begeben und uns an die Stellen erinnern, an denen wir schon einmal entlanggekommen sind. Bücher. Magie und Kunst. Lasst euch verzaubern!
Leseprobe
Es war einmal - so beginnen die Märchen und so begann auch mein Leben. Und es hätte tatsächlich ein Märchen werden können, doch das ist lange, lange her. So lange, dass sich die Jahre zu Staub verwandelten, zu Bruchstücken einer sich selbst vergessenden Zeit. Und nicht einmal ich kann sagen, wann mein erstes Es war einmal seinen Anfang fand. Ich atme. Ich lebe. Zum zweiten Mal. Während ich keuchend die süße, unheilschwangere Luft einsauge, mein Herz in wilder, neu erwachter Energie pumpt, ahne ich, dass sich alles verändert hat, und begreife doch nicht was. Meine Lippen prickeln wie in Erinnerung an einen zärtlichen Kuss. Ich fasse mit meinen Händen in die steifen Laken, fühle den rauen Stoff unter meinen Fingerkuppen zu Staub zerfallen. Ich schlage die Augen auf und sehe doch nichts. Aber ich fühle, dass da jemand ist, bei mir. Ich höre den Atem, das nervöse Zucken von Wimpern. Ich rieche Schweiß: Angst, Erregung und Erschöpfung. Fremde Hände greifen nach mir, berühren mich. Etwas zerbröselt. Bestürzt stelle ich fest, dass es mein Kleid ist. Ich balle die Finger zur Faust, erwarte die Hitze der Magie - doch meine Hand bleibt leer. Das Bett schwankt unter dem Gewicht des Fremden. Ich öffne die Hand und rufe erneut nach meiner Macht - nichts geschieht. Nur die Finger fassen mich an, schüren meine Verwirrung und meinen Zorn. 'Verflucht.' Stille. Dann: 'O Gott, sie ist wach!' Lauter: 'Sie ist wach!' Hallende Schritte. Eine Tür, die aufgerissen wird. Frische Luft. 'Was sagst du? Sie ist wach? Was machst du da?' 'Ich dachte, weil sie doch nur so da liegt. ich glaubte, es würde niemanden stören!' 'Hast du sie geküsst?' 'Nein, ich meine ja.' Ein Schwert wird zischend aus der Scheide gezogen. Ich kenne das Geräusch. Ich blinzele, kämpfe gegen die gleißende Helle, gegen das Gefühl der Ohnmacht. Nur langsam kehrt die Kraft zurück. Ich muss lange geschlafen haben. Zu lange. Etwas stimmt nicht. Etwas ist ganz und gar falsch. 'Wieso ist sie nackt?' 'Ich naja. ich. ich habe nur.' 'Was hast du getan?' 'Beim Fluch der Eishexe! Ich wollte sie nur einmal berühren. Aber das Kleid, das Kleid, es zerfiel einfach!' Die Worte überschlagen sich fast. Es schmerzt in meinen Ohren. 'Du hast die Schlafende erweckt. Ich hatte befohlen, sie nicht anzufassen.' 'Ich dachte. ich meine.' 'Wie lange?' Ich unterbreche den Streit. Meine Stimme klingt so sanft wie die einer neugeborenen Elfe, nicht wie die der uralten Frau, die ich fürchte zu sein. 'Wie lange?' Ich wiederhole die Frage und kann endlich Schemen ausmachen. Vage Umrisse, von vier oder fünf Gestalten. Menschen. Ein gutes Zeichen, wenn es noch Menschen gibt. Dann hat die Welt sich nicht allzu oft gedreht. 'Wie lange was?', fragt der Mann mit der unerträglichen Stimme. Blonde Haare, helle Haut. 'Wie lange habe ich geschlafen?', frage ich. Schweigen. Und in dem Schweigen kommt mir die Erinnerung an die letzten Momente, kurz bevor der Zauber seine Wirkung tat. Und ich begreife die entsetzliche Wahrheit: Sie haben mich betrogen!