Beschreibung
Als der später auf der Berlinale ausgezeichnete Film Einer trage des anderen Last" Anfang 1988 in die Kinos kam, fand er in der DDR ein Millionenpublikum. Er wurde in Ost und West als ein Plädoyer für Toleranz" verstanden.In diesem Buch beschreibt Wolfgang Held den schweren Weg über DDR-Kultur-Hürden, bis dieser Film endlich gedreht werden durfte. Und die weltweite Anerkennung des Drehbuchs und des Films.Eine literarische Skizze über Josef Heiliger und Pater Blasius, die als Fortsetzung nach Einer trage des anderen Last wieder ein Spielfilm werden sollte, füllt den zweiten Teil des Buches.Für dieses Sujet aus der DDR-Geschichte, realistisch, ohne einseitige Idealisierung oder Verteufelung, fand sich leider, damit auch dem Zeitgeist verbunden, kein marktwirtschaftlich orientierter finanzkräftiger Produzent.
Autorenportrait
Geboren 1930 in Weimar, aufgewachsen und erzogen in einem konsequent sozialdemokratischen Elternhaus, stark geprägt vom Erlebnis KZ Buchenwald im April 1945 auf der Suche nach einem von der Gestapo verhafteten Onkel.Volksschule und Handelsaufbauschule in Weimar, 1948/49 als Volkspolizist freiwilliger Aufbauhelfer (Enttrümmerung, Wasserleitung Maxhütte, u.a.).Erkrankung an Tuberkulose. Im Sanatorium für den weiteren Lebensweg entscheidende Begegnung und monatelanges, gemeinsames Zusammenleben in einem Zimmer mit gleichaltrigem Vikar.Journalistische Ausbildung. Tätigkeit als Redaktionsassistent. Erste Buchveröffentlichung 1959.Ab 1964 freischaffender Schriftsteller. Im literarischen Schaffen beeinflusst von Louis Fürnberg, Hans-Joachim Malberg, Bruno Apitz und Walter Janka. Zahlreiche Romane, Kinder- und Jugendbücher (u.a. Autor des Weimarer Knabe-Verlages), Drehbücher für Film und Fernsehen.Am 17. September 2014 in Weimar verstorben.Literarische Auszeichnungen: Literatur-und Kunstpreis der Stadt Weimar, Nationalpreis der DDR, Preis der Filmkritiker, u.a. als erster deutscher Drehbuchautor für den Europäischen Filmpreis Felix nominiert, Goldene Ehrennadel der Stadt Weimar 2005.
Leseprobe
Kühle Stille im hohen Kirchenschiff des Kummerfelder Gotteshauses. Die weitgeöffnete Tür lässt hin und wieder Geräusche mäßigen Straßenverkehrs herein. Pater Blasius kniet am Altar vor dem gekreuzigten Christus. Er sucht Zwiesprache. Erregung macht ihm die Worte lauter als sonst im Gebet.Die Bitte eines Sterbenden, Herr. Er wünscht sich mein Wort an seinem Grab. Nicht Vergebung will er von mir, nicht die letzte Ölung zum Heil seiner Seele, nicht dein Gnadengeschenk des ewigen Lebens, nur ein Wort zum friedfertigen Umgang miteinander, zu Sanftmut und Duldsamkeit gegenüber Andersdenkenden, die mit eigenen Weisen und Wegen ein menschenwürdiges Erdendasein erstreben Er ist ein guter Mensch, denke ich. Aber ein Heide Zeig mir den Weg, Herr! In mir ist es finster. Was soll ich tun? Was darf ich tun als dein Diener?Es bleibt still im weiten Kirchenschiff. Kein Zeichen. Nichts. Oder doch? Ein Bibelwort kommt ihm in den Sinn. Es ist wie ein Ruf von weither. Ohne Erbarmen wird das Gericht über den ergehen, der nicht Erbarmen geübt hat. Aus dem Jakobusbrief, weiß Pater Blasius. Aber eine Antwort? Ist das Seine Antwort für mich?Er findet einen Platz in einer der letzten Reihen des Gestühls. Sein Blick wandert hinüber zur Kanzel. Erinnerung lässt das Bild verschwimmen. Er sieht sich selbst dort oben stehen, zwanzig Jahre jünger als heute. Es ist der Tag, an dem ein Vorfall zur ersten Begegnung mit dem gerade in Kummerfeld angekommenen neuen Bürgermeister führt. Sein Name: Josef Heiliger.
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