Beschreibung
Wer seinen Feind besiegen will, muss ihn verteidigen Als Avvocato Guerrieri seinem neuen Mandanten zum ersten Mal im Gefängnis begegnet, verschlägt es ihm den Atem: Denn vor ihm sitzt niemand anders als Fabio Paolicelli, der Intimfeind seiner Jugendtage. Aus dem gewaltbereiten Teenager, der als Rädelsführer einer Jugendgang in Bari von sich reden machte, ist mittlerweile ein braver Familienvater geworden. Mit dem vorgeworfenen Drogenschmuggel habe er nichts zu tun, beteuert er. Ob Guerrieri seinem Mandanten glauben kann, weiß er nicht. Seine Verwirrung steigert sich noch, als er Natsu kennenlernt, die schöne Ehefrau Paolicellis, zu der er sich sofort hingezogen fühlt. Weil Natsu seine Gefühle erwidert, steht Guerrieris Entschluss fest: Er wird Paolicelli verteidigen. Auch wenn er dabei alles andere als redliche Motive verfolgt.
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Leseprobe
Als Margherita sagte, sie müsse mit mir reden, dachte ich, sie sei schwanger. Es war ein Spätnachmittag im September. Erfüllt von dem dramatischen Licht des scheidenden Sommers, das bereits das Halbdunkel des Herbstes und seine Geheimnisse in sich birgt. Ein guter Moment, um zu erfahren, dass ich Vater werde, dachte ich buchstäblich, während wir uns in einem Straßencafé niederließen, die tief stehende Sonne im Rücken. »Ich habe einen neuen Job angeboten bekommen. Es ist ein sehr gutes Angebot. Allerdings müsste ich dafür etliche Monate ins Ausland gehen. Vielleicht sogar für ein ganzes Jahr.« Ich starrte sie an, als hätte ich mich verhört oder den Sinn ihrer Worte nicht richtig erfasst. Was hatte dieser Job mit dem Kind zu tun, das wir in ein paar Monaten bekommen würden? Das verstand ich nicht, und sie erklärte es mir. Eine große amerikanische PR-Agentur - sie nannte mir auch den Namen, aber ich vergaß ihn sofort, vielleicht hörte ich ihn auch gar nicht - hatte ihr angeboten, die Werbekampagne für die Neu-Lancierung einer Fluggesellschaft zu leiten. Hier nannte sie einen sehr bekannten Namen. Sie meinte, es handle sich um eine einmalige Gelegenheit. Eine einmalige Gelegenheit. Billardkugeln gleich prallten diese Worte immer wieder gegen die Wände meines Hirns, was so weh tat wie das dumpfe Pochen bei einem Migräneanfall. Mir war plötzlich, als kreise der Sinn dieser ganzen Geschichte um einen unsichtbaren Punkt, den ich weder ausmachen noch genau erkennen konnte. »Wann hast du dieses Angebot bekommen?« »Im Juli. Erste Kontakte gab es vorher schon, aber das offizielle Angebot kam im Juli.« »Bevor wir in den Urlaub gefahren sind«, sagte ich, als hätte das irgendeine Bedeutung. Die es vielleicht auch hatte. Dann fiel der Groschen. Wenn sie es mir im September sagte, also zwei Monate nach dem Angebot und wer weiß wie lange nach den ersten »Kontakten«, dann hieß das, sie hatte sich bereits entschieden, wenn nicht gar zugesagt. »Du hast bereits zugesagt.« »Nein. Ich wollte vorher mit dir reden.« »Aber du hast dich schon entschieden.« Sie zögerte kurz - es war das einzige Mal -, dann nickte sie. Und ich dachte, du wolltest mir sagen, du seist schwanger. Ich dachte, mein ödes Leben bekäme mit zweiundvierzig urplötzlich, wie durch Zauberhand, noch einen Sinn und einen Zweck. Durch dieses Kind, diesen Jungen - oder dieses Mädchen -, dem ich vor dem Altwerden noch rasch etwas hätte beibringen können. Das sagte ich nicht. Ich behielt es für mich, wie etwas, wo für man sich schämt, obwohl man es nur gedacht hat. Weil man sich für seine Schwäche schämt, für seine Verletzlichkeit. Stattdessen fragte ich sie, wann es losgehe, und mein Gesicht muss dabei absurd ruhig gewirkt haben, denn sie sah mich mit einem Anflug von Besorgnis und Verwunderung an. Von der Straße klang das lang gezogene, wütende Knattern eines frisierten Motorrads herüber, und ich dachte, dass ich dieses Geräusch im Gedächtnis behalten würde. Dass ich es wieder hören würde, jedes Mal, wenn mir diese unerwartete, grausame Szene in den Sinn kam. Sie wusste nicht, wann es losgehen würde. In zehn, vierzehn Tagen vielleicht. Bis Ende des Monats musste sie auf alle Fälle in Mailand sein, Mitte Oktober in New York. Also wusste sie sehr wohl, wann es losging. Dachte ich. Wir schwiegen, zwei, drei Minuten lang. Oder auch länger. »Willst du nicht wissen, warum?« Nein, das wollte ich nicht. Und selbst wenn - ich sagte trotzdem nein. Ich wollte nicht, dass sie ihre Gründe - zweifellos ausgezeichnete Gründe - bei mir ablud, um ihr Gewissen zu erleichtern oder ihr Herz oder wo auch immer unsere Schuldgefühle sich befinden mögen. Ich wollte, dass ich meinen Schmerz behielt und sie ihren. In den kommenden Wochen und Monaten würde ich noch ausreichend Gelegenheit haben, mich mit dieser Frage, den Erinnerungen und allem Übrigen zu quälen. Aber für diesen milden, grausamen Septembernachmittag war das genug. Ich stand auf und sagte, ich würde n Leseprobe