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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783446207561
Sprache: Deutsch
Umfang: 368 S.
Format (T/L/B): 3.3 x 21 x 13.9 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Karl Hau ist jung, lässig, begehrt, liebevoll, hochintelligent. Und er ist arrogant, ein Frauenheld und Verschwender. Aber ist er auch ein Mörder? 1906 steht er, der mit Lina Molitor nach einer Flucht und Heirat nach Amerika gegangen ist, in Karlsruhe vor Gericht. Er soll seine Schwiegermutter aus Geldgier umgebracht haben. In einem mitreißenden Roman, der das Innerste seiner Figuren ausleuchtet, hat Bernd Schroeder die Geschichte eines rätselhaften Kriminalfalles geschrieben, eines der großen Sensationsprozesse im letzten Jahrzehnt des deutschen Kaiserreichs.

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DE 81679 München

Autorenportrait

Bernd Schroeder, geboren 1944 im heute tschechischen Aussig, wuchs im oberbayerischen Fürholzen auf. Er lebt in Berlin. Als Autor und Regisseur zahlreicher Hör- und Fernsehspiele erhielt er 1986 den Adolf-Grimme-Preis und 1992 den Deutschen Filmpreis. Zuletzt erschienen bei Hanser: Hau (Roman, 2006), Alte Liebe (Roman, 2009, mit Elke Heidenreich), Auf Amerika (Roman, 2012), Wir sind doch alle da (Roman, 2015) und Warten auf Goebbels (Roman, 2017).  

Leseprobe

Endlich ist Ruhe im Saal. Das Spiel kann beginnen. Dr. Eller macht seinen ersten Zug: Angeklagter, haben Sie die Tat begangen? Nein. Hau sagt es mit fester Stimme. Sie waren zur Zeit der Tat aber in Baden-Baden? Darüber mache ich keine Angaben. Sie sollen sich schon in ganz jungen Jahren, auf dem Gymnasium, mit Frauenzimmern herumgetrieben und sich dabei etwas geholt haben? Hau lächelt und zögert. Leichtes Raunen im Saal. Darüber möchte ich keine Angaben machen. Auch auf der Universität sollen Sie viel und wahllos mit Weibern umgegangen sein. Sie sollen stark gelebt und dann einen Blutsturz gehabt haben? Ich will letzteres nicht in Abrede stellen. Das Publikum will unruhig werden, wird aber vom Vorsitzenden zur Ordnung gerufen, der froh ist, dieses Thema so früh schon angesprochen zu haben. Sie mußten sich dann in eine Lungenheilanstalt und schließlich nach der Riviera und nach Korsika begeben? Ja. Waren Sie auch in Monte Carlo? Ja. Haben Sie dort auch gespielt? Ja. Da waren Sie gerade neunzehn? Ja. Auf Korsika lernten Sie Frau Molitor und ihre Töchter kennen? Ja. Wie kamen Sie in nähere Beziehung zu Fräulein Lina Molitor und den anderen Damen? Ich lehne darüber jede Auskunft ab. Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß die Verweigerung der Auskunft bei einer so furchtbaren Angelegenheit doch wohl überlegt sein muß. Danke. Sie haben dann mit Fräulein Molitor eine Korrespondenz geführt? Ja. War diese sehr leidenschaftlich? Ich verweigere die Auskunft. Fräulein Molitor wollte der Sache ein Ende machen. Sie war einem Offizier versprochen, schrieb dann aber, sie könne nicht die Frau eines anderen werden. Sie verschwand dann mit Ihnen, nachdem sie 2000 Mark von der Sparkasse abgehoben hatte. Dr. Eller schaut Hau fragend an. Der lächelt und verschränkt die Arme vor der Brust. Fräulein Molitor lag dann krank in einem Schweizer Hotel - wegen einer Schußwunde unterhalb des Herzens. Als sei es Lina Haus Herz, starren alle auf das Herz der Josefine Molitor, das in Spiritus eingelegt vor dem Vorsitzenden steht. Haben Sie ihr diese Schußwunde beigebracht, weil Sie sich dann später auch erschießen wollten? Ich verweigere die Auskunft. Ich mache Sie erneut darauf aufmerksam, wie bedenklich das ist. Ich danke erneut. Gelächter im Saal, aus einer Ecke kommt Beifall. Ich darf bitten! Sie heirateten dann Fräulein Molitor und gingen nach Washington. Warum gerade dorthin? Hatten Sie damals schon die Absicht, einen hohen Flug zu nehmen? Dr. Eller begleitet diese Frage mit einer schwungvollen Geste. Das Publikum ist ihm ein Spiegel. Er gefällt sich. Es hat gut begonnen, so kann es weitergehen. Ich hoffte dort auf besseres Fortkommen. Sie haben dort drei Jahre Jura studiert? Ja. Nach einem Jahr wurde ich Master of Arts, schließlich Dozent und Hilfsprofessor mit 600 Dollar Jahresgehalt. Darauf machte ich das Staatsexamen, auf Grund dessen man zur Advokatur zugelassen wird. War dieser Bildungsgang regulär? Nein. Was heißt das? Man ließ mich auf Grund bester Examina zu, obwohl ich noch kein amerikanischer Staatsbürger war. Sind Sie vor Gericht aufgetreten? Nein. Ich behandelte Fälle über internationales Privatrecht. Seit 1905 wurde ich gut bezahlt. Vorher mußten Sie um Ihre Existenz kämpfen? Ja. Ihre Frau erhielt die Zinsen von 65000 Mark? Ja. Wieviel brauchten Sie jährlich? Etwa 8000 Mark. Drängten Sie oder Ihre Frau nach dem Kapital? Meine Frau. Es wurde 1905 herübergeschickt. Ich verwendete es für mein Büro. 1903 gingen Sie erstmals in die Türkei? Ich war Sekretär des Generalkonsuls Schönfeld in Konstantinopel. Er hatte wegen der Weltausstellung in St. Louis mit der Türkei zu verhandeln. 1905 waren Sie nochmals in Europa. In Paris. Ja. Ich reiste im Auftrag eines Anwalts der Standard Oil Company. Wie hieß der Anwalt? Ich lehne die Aussage ab. Ihr ... Leseprobe

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