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Das Leben der Hochgräfin Gritta von Rattenzuhausbeiuns

Märchenroman, Bibliothek der Weltliteratur

Erschienen am 17.03.2008
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783717521587
Sprache: Deutsch
Umfang: 297 S.
Format (T/L/B): 1.5 x 15.6 x 9.7 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

'So richtig was für den Strand!' Badisches Tagblatt Hochgräfin Gritta von Rattenzuhausbeiuns ist die Pippi Langstrumpf unter den Heldinnen der Romantik: ein kleines Mädchen, das respektlos und mit heiterem Eigensinn alle Grenzen ignoriert, die Erwachsene ihr und ihren Geschlechtsgenossinnen setzen wollen. 'Das eigene Licht niemals unter den Scheffel stellen!' lautet das selbstbewusste Motto ihrer außergewöhnlichen Robinsonade, die sie durch die halbe Welt und am Ende auf den Thron führt. Klosterschule, Handarbeiten, Artigsein: all das ist nichts für die pfiffige Gritta. Lieber lässt sie sich von der gefährlichen Rettungsmaschine ihres Vaters in die Luft katapultieren oder läuft - 'und wenn mich der Bär frisst!' - in den dunklen Wald. Nicht umsonst ist sie die Tochter eines Ritters und die Enkelin mutiger Ahnen, drei davon ausgezeichnet mit dem Knopflochverdienstorden erster Klasse. Elf Freundinnen im Schlepptau, lässt sie die Klostermauern hinter sich und stellt sich, mit der wohl ersten Mädchenbande der Weltliteratur, Gefahr und Gefangenschaft, Schiffbruch und anderen Katastrophen. Dieser turbulente Märchenroman, den Mutter und Tochter von Arnim 1844/45 gemeinsam verfassten, schillert in allen Facetten der literarischen Romantik. Ein frühes, radikales Plädoyer für die weibliche Emanzipation Glänzende Unterhaltung dank Sprachwitz und überbordender Phantasie der Autorinnen

Autorenportrait

Bettina von Arnim (1785-1859), geboren in Frankfurt am Main als Elisabeth Brentano, stammte aus einer Künstlerfamilie: Ihre Großmutter war Sophie La Roche, die berühmte Verfasserin des Romans "Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim", ihr älterer Bruder der Dichter Clemens Brentano. Im Haus der Brentanos gingen die Geistesgrößen der Zeit ein und aus: Goethe, Beethoven, Tieck, Humboldt, Christoph Martin Wieland, Friedrich Schlegel, die Brüder Grimm; der Jurist Friedrich Carl von Savigny war Bettinas Schwager. 1811 heiratete sie Achim von Arnim, den engsten Freund Clemens'. Mit ihren sieben gemeinsamen Kindern lebten die Arnims in Berlin und in Wiepersdorf. Nach dem Tod ihres Mannes veröffentlichte Bettina von Arnim 1835 ihr erstes Buch, "Goethes Briefwechsel mit einem Kinde", das sie als Schriftstellerin berühmt machte. Über ihre Freundin, die Dichterin Caroline von Günderode, schrieb sie fünf Jahre später ihren Erfolgsroman "Die Günderode". Den Märchenroman "Das Leben der Hochgräfin Gritta von Rattenzuhausbeiuns" verfasste sie gemeinsam mit ihrer jüngsten Tochter Gisela.

Leseprobe

Es war einmal ein altes Schloß, umfaßt von hohen Bergen, das selber auf einem hohen Berg lag, etwas niederer als die ihn umgebenden. Wie ein Ring umschloß das Tal den Berg, und in einem Ring umschlossen die dunklen, felseckigen Berge das Tal. Aus ihren Moosrinden wuchs hie und da spärliches Binsengras hervor; unten im Tale lief hie und da ein Bächlein durchs Grün an hie und dort einem Gebüsch vorüber, die Wurzeln spülend. Oben im Gezweig guckten junge Vogelköpfchen aus den Halm- und Mutterfederflaum-Nestchen dem harmlosen Dahinrollen unten zu, und war der Bach artig, so erzählte er ihnen leise Märchen, und sie taten zuweilen einen Piep des Wohlgefallens dazwischen, kurz, es war ein schönes Leben in dem Gebüsch.Bald flog eins in den Lüften oder sang lieblich; sie hatten sich hier ungestört und häuslich zufrieden niedergelassen. Es war ein Ausweg aus dem Tal, der ganz überbaut war von Felsen; manchmal sah man inmitten der Berge in den Eingang einer engen dunklen Höhle, und an verschiednen Orten stürzten kleine Gießbäche heraus, grade hinab ins Tal, brausten dort heftig auf und verloren sich leise murmelnd. Die Grundmauern des Schlosses bauten sich dicht am Rande der Felskuppe schräg in die Höhe, in kahlen Wänden, zuweilen durch ein Fensterloch unterbrochen, mit alten Eisenstäben verwahrt, mehr für Ratten als für ein Menschengesicht. So erschienen die Wände auch belebt, wenn in schönen Abendstunden die Welt hochrot gefärbt war und die dunkeln Berge von mattem Rosenschimmer bestrahlt; da regte sich die ganze Burg. Es war ein Getümmel von Begraurockten; da balancierten die jungen Ratten auf der schrägen Wand, da kam eine Rattenmutter mit sieben Jungen, die sollten die Abendluft genießen, dort ein dicker Rattenklausner oder gar ein vielköpfiger Rattenkönig; bis zuletzt ein graues Gewimmel die alten Mauern deckte. Dann sah es wohl von weitem aus, wenn sich die Abendsonne in einem Schloßfenster spiegelte, als leuchte sie den alten Steinen - denn dafür hielt man die Ratten in der Ferne - zum Abendtanz, und man hatte Angst, sie würden einmal ganz davonlaufen und den Besitzer ohne Besitz lassen. Es waren auch Türme an den Ecken, aber zerfallen, außer einem, der noch zierlich an das alte Nest geklebt war; aber aus den gotischen Rosen und Linien der Verzierungen wuchs Gras und Moos.Dies war das Schloß von einem alten Grafen Rattenzuhausbeiuns, der mit einem Töchterchen dort wohnte. Ein schmaler Steg, wie man ihn sonst über die Bächlein legt, führte von einem vorragenden Fels aus, grade über den Talabgrund, vor die kleine Holztür des Schlosses, der ein Holunderbaum mit seinen Blüten zur Seite nickte. Der Wurm hatte viele Löcher hineingebohrt und die Spinnen viele Decken darüber gewebt.Heute tönte schon das fleißige Rädchen Grittas herab, wie es schnurrte. Es kam ein Steingang, spitz und dunkel zugewölbt, mit verschiednen Löchern für Ratten und Mäuse; dann ein gewundnes Treppchen hinauf. Hier saß die kleine Hochgräfin Gritta, der emsig das Rädchen den feinen Faden aus den Fingern zog, während sie träumerisch zuschaute, und hier war am Ende des Ganges eins der drei Fenster des Schlosses zu finden, das rund und halb voll grüner Scheiben, halb mit dem halben Leibe des Ritters St. Georg, im blauen und roten Gewand, und dem des Drachen gefüllt war; auf dem Fenster stand ein Krügelchen mit Nelkenschößlingen, und die Sonne fiel durch den blau und roten St. Georg auf den hochgräflichen Goldblondkopf und spielte in wundermilden Farbentönen auf dem Steinboden, ihn erwärmend, obwohl es noch ziemlich kalt im Gang war.Es war eine zerfallne Tür, aus der jetzt der alte Mann Müffert, der Diener des Grafen, mit einer dampfenden Schüssel Hirse in Händen, auf das Kind blickte: 'Ein Blümchen, das blüht, ein Herz, das so gut ist! - Soll sie wie ihre arme Mutter hinter diesen Mauern verblühen? - Wenn der Graf noch so lange an seiner Maschine baut! -Was jung ist, braucht Junges, um mit ihm zusammenzusein.' Dies war das halblaute Selbstgespräch Müfferts; er sah sic Leseprobe

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