Beschreibung
Oktober 1999 - im Irak herrscht Saddam Hussein, in Libyen Gaddafi, in Ägypten Mubarak, in Syrien Hafiz al-Assad und in Jordanien König Abdullah II bin Hussein. Die arabische Facebook und Twitter-Revolution gegen die Despoten ist noch fernste Zukunft. Einen Brief an der Zensur vorbeizuschicken, ist ein langwieriges und gefährliches Abenteuer. Das nach dem Golfkrieg verhängte Handelsembargo treibt die irakische Bevölkerung ins Elend - einzig Auberginen gibt es im Überfluss, sodass die Iraker ihrem Land den Beinamen 'Auberginenrepublik ' verpasst haben. Salim, ein ehemaliger Student, schlägt sich im libyschen Exil als Bauarbeiter durch. Er war wegen des Besitzes verbotener Bücher verhaftet worden. Über seinen Onkel ist ihm die Flucht aus dem Irak gelungen, doch er hat nie wieder von seiner Familie, seinen Freunden und vor allem von seiner Geliebten Samia gehört, deren Namen er auch unter Folter nicht preisgegeben hatte. Nun erfährt er in Bengasi von einem die ganze arabische Welt überspannenden Netzwerk von illegalen Briefboten und wagt es, Samia einen Brief mit einem Lebenszeichen zu senden.
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Autorenportrait
Abbas Khider wurde 1973 in Bagdad geboren. 1996 floh er nach einer Verurteilung aufgrund 'politischer Gründe' und nach einer zweijährigen Gefängnisstrafe aus dem Irak. Von 1996 bis 1999 hielt er sich als illegaler Flüchtling verschiedenen Ländern auf, seit 2000 lebt er in Deutschland. Studium der Philosophie und Literaturwissenschaft in München und Potsdam. Lyrik in verschiedenen Publikationen. Zurzeit lebt Abbas Khider in Berlin. Mit seinem vielbeachteten Debütroman Der falsche Inder (Herbst 2008), den er in deutscher Sprache verfasste, war er auf vielen Literaturveranstaltungen zu Gast, so auf dem Erlanger Poetenfestival 2008, der LitCologne 2009, den 6. Coburger Literaturtagen 2009, dem Internationales Literaturfestival Berlin 2009. Von der Heinrich-Böll-Stiftung erhielt er eine Einladung zu einem Festival in Beirut (April 2009), vom Goethe-Institut zu Lesungen in Jordanien und Syrien (Mai 2009). 2009 erhielt er das Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie der Künste Berlin, vom Deutschen Literaturfonds bekam er außerdem ein Arbeitsstipendium der Autorenförderung (2009-2010). Seit 2010 ist Abbas Khider Mitglied des PEN. Im März 2010 wurde Abbas Khider mit dem Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis geehrt. Die Laudatio (© Robert-Bosch-Stiftung) bei der Preisverleihung hielt Hubert Spiegel. 'Abbas Khiders tragikomischer, oft sogar burlesker Roman ist ein wirklichkeitsnahes, modernes Flüchtlingsmärchen über ein ernstes und bewegendes, seit Jahren aktuelles politisches Thema', so die Jury über ihre Wahl. Mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ehrt die Robert-Bosch-Stiftung seit 1985 herausragende literarische Leistungen in deutscher Sprache, verfasst von Autorinnen und Autoren, deren Muttersprache oder kulturelle Herkunft nicht die deutsche ist. Die irakische Gesellschaft für Kulturförderung (I.C.S.A.), die 2005 von einigen irakischen Künstlern und Politikern gegründet worden ist und mit dem irakischen Kultusministerium kooperiert, verlieh ihm 2010 die Ehrenurkunde für Literatur. Im Jahr 2011 erhielt Abbas Khider ein sechsmonatiges Arbeitsstipendium der Robert-Bosch-Stiftung sowie ein dreimonatiges Arbeitsstipendium der Villa Aurora in Los Angeles, USA, wo er die Arbeit an seinem dritten Roman Brief in die Auberginenrepublik fortsetzte. Im Januar 2013 hielt er, nach Thomas Brussig und vor Daniel Kehlmann, die Poetik-Dozentur der Universität Landau. Ab Januar 2013 wird er fünf Monate lang als Stipendiat im Künstlerhaus Edenkoben residieren.
Leseprobe
So ist es eben. Man denkt und erinnert sich nicht mehr an die schönen Augen oder die wilden Haare der Freundin oder der Ehefrau. Man träumt nur noch von einem Zeichen, ob die Geliebte lebt, gesund ist und nicht alles vergessen hat. Ich erkenne das große Postgebäude, das am Anfang der Nasserstraße liegt, und rufe: 'Aussteigen bitte, stopp!' Kaum ausgestiegen, sehe ich es auf der rechten Straßenseite: das Café Schrq - Orient. Es ist ein alter Bau mit einer grün gestrichenen Tür und einem breiten blauen Fenster. Vier Tische mit ungefähr zwanzig Stühlen und mehreren niedrigen Hockern bilden die Ausstattung. Dem Eingang gegenüber, auf einem einfachen Holztisch, stehen ein großer Fernseher und ein Videorekorder. Die Wandfläche über der Theke wird von einem großen Bildnis Muammar Gaddafis bedeckt, auf dem er ernst in die Kamera blickt. Darunter steht: 'Der einzige Adler und der Revolutionsführer'. Ein braungebrannter schmaler Mann von Anfang zwanzig steht vor mir und sagt, als ich ihn nach Malik frage: 'Der da.' Der kräftige Mann vor dem Fernseher raucht Wasserpfeife, trinkt Tee, schreibt dabei etwas in ein vor ihm auf dem Tisch liegendes Heft und schaut gleichzeitig flüchtig einen Bollywood-Film. Er wirkt selbstbewusst. Durch die Macht des Geldes ist er unberechenbar, denke ich. 'Aslam Alikum. Sind Sie Malik? Ich heiße Salim. Der irakische Friseur Jafer hat Ihnen bestimmt von mir erzählt. Ich habe einen Brief.' 'Zweihundert Dollar jetzt, und wenn Sie die Antwort bekommen, weitere fünfzig Dollar.'