Beschreibung
"Kall, Eifel", der Ort und die Gegend, die zentrale Bedeutung in allen Büchern Norbert Scheuers haben, sind auch hier als Denkfigur Ausgangspunkt und Ziel einer Reise. Mit unterschiedlichen Mitteln und von unterschiedlichen Standpunkten aus blicken Andreas Erb mit seinen Collagen und Norbert Scheuer mit seinen Texten auf Dörfer, Städte und Landschaften. Die geschichtenreichen Bilder und die bildreichen Texte ergeben dabei zwar ein Ganzes und gehören zusammen, aber weder bebildern noch untertiteln sie einander. Eher handelt es sich um ein aufgeteiltes Sprechen mit unterschiedlichen Temperamenten: Die Geschichten und die Bilder ergänzen sich und führen das jeweils Ungesagte und Nichtgezeigte fort.
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Lilienfeld Verlag, Viola Eckelt
Viola Eckelt
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Autorenportrait
Norbert Scheuer lebt in Kall in der Eifel und gehört zu den wichtigsten zeitgenössischen Autoren. Er erhielt zahlreiche Preise, u.a. 2006 den 3-Sat-Preis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb und 2010 den Düsseldorfer Literaturpreis. Mit seinem Roman "Überm Rauschen" war er 2009 auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis. Zuletzt erschien von ihm der Roman "Peehs Liebe". Andreas Erb, Literaturwissenschaftler an der Universität Duisburg-Essen, gab u.a. zuletzt den Band "Norbert Scheuer: Kant, die Provinz und der Roman" heraus und ist neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit als Bildender Künstler in Einzel- und Gruppenausstellungen vertreten. Seit Mai 2010 arbeitet er an einem Collagenprojekt "Tage Buch Vergehen", das inzwischen über 1000 Blatt umfaßt.
Leseprobe
Die Angler gehen am Ufer flussaufwärts. Wo die Kyll ruhig fließt, stehen die großen Forellen. Auf den abgerissenen herzförmigen Blättern der Pestwurz, die man bei uns auch Wilder Rhabarber nennt, liegen getötete Äschen und Barben. Wenn man die Pestwurz trocknet und raucht, bekommt man entweder Krallenfüße und schwebt wie ein Vogel, oder man wird zu einem Fisch in unserem Fluss. Sogar gegen den Schwarzen Tod soll diese Pflanze einst geholfen haben. Während ich von dem Kraut rauche, schwimmen Bisame zu ihren Höhlen im roten Lehm. Auf dem Speicher unseres Hauses hängt ein staubiger Mantel aus ihrem samtenen Fell. Ich habe ihn angezogen, und mir ist warm geworden. Ich sehe, wie die Fischer im Morgennebel verschwinden. Im Takt einer geheimnisvollen Melodie schwingen sie ihre Ruten dabei hin und her, lassen die unsichtbaren Schnüre mit Ködern überm Wasser schweben. Aale gleiten an mir vorbei durch feuchtes Gras. Sie kommen von den Viehweiden, wo sie - wie man sich erzählt - des Nachts Milch aus den Eutern der schlafenden Kühe trinken.