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König Enzio von Sardinien

Gespräche mit dem letzten Staufer jenseits von Zeit und Raum

Erschienen am 07.10.2019, 1. Auflage 2019
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783955441326
Sprache: Deutsch
Umfang: 160 S.
Format (T/L/B): 1 x 19 x 13 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Die 'Geschichte einer Obsession' nennt der Autor seine - von ihm über Jahrzehnte hin verfolgte - Spurensuche nach dem Schicksal König Enzios von Sardinien, des Lieblingssohnes Kaiser Friedrichs II. In den fiktiven 'Gesprächen mit dem letzten Staufer' werden Glanz und Elend seines abenteuerlichen Lebens wieder lebendig. Der Charme des Buches liegt in der Verbindung seriös recherchierter Fakten mit virtuos präsentierter Fiktion.

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Rüdiger Wolff
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Autorenportrait

Der Rechts-, Politik- und Kulturwissenschaftler Prof. Dr. Peter Cornelius Mayer-Tasch lehrt an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Von 1998-2010 war er Prorektor und Rektor der Münchner Hochschule für Politik. Er ist Autor zahlreicher Bücher, zuletzt: Die Buchstaben der Philosophie (2017), Kleine Philosophie der Macht (2018) und Vom großen und vom kleinen Glück (2019).

Leseprobe

Prolog - Warum dieses Buch? Offen gesagt, ist dieses Buch in allererster Linie ein Versuch der Selbstbefreiung von einer fixen Idee. Jetzt, da ich mich anschicke, es niederzuschreiben, im Alter von achtzig Jahren nämlich, sind es ziemlich genau sechzig Jahre her, dass der Wunsch entstand, mich mit Enzios Schicksal zu befassen. Dieser Wunsch hat mich niemals verlassen. Er wurde lediglich durch die mir während meiner akademischen Laufbahn auferlegten Pflichten und die von mir freiwillig übernommenen Zusatzaufgaben überlagert, nicht aber aufgegeben. Auch ist es nicht so, dass ich nach der Devise handeln würde, dass ein rechter Mann einen Sohn zeugen, einen Baum pflanzen und ein Buch schreiben müsse, um sich als solcher zu bewähren. Ginge es danach, so hätte ich zweifellos längst ein Übersoll erfüllt. Außer drei Töchtern habe ich zwei Söhne gezeugt, die mir wiederum fünf Enkeltöchter und sechs Enkelsöhne geschenkt haben. Auch habe ich im Laufe meines Lebens weit mehr als hundert Bäume gepflanzt und pflanzen lassen. Die Zahl der von mir verfassten und herausgegebenen Bücher nähert sich der Zahl meiner Lebensjahre, wenn ich richtig gezählt habe. Sie stehen im Internet, in Nachschlagewerken, Bibliotheken, Buchhandlungen und privaten Bücherregalen. Noch nie aber habe ich ein Buch zu schreiben begonnen, ohne wirklich zu wissen, wohin mich die Niederschrift führen würde. Stets gab es eine - durch erkennbare Umstände, Problemlagen, Zielvorgaben, Sachverhaltserhebungen und sonstige Rahmenbedingungen - mehr oder minder klar umrissene Vorstellung vom voraussichtlichen Inhalt und Ergebnis eines begonnenen Buchprojektes. Hier aber werde ich wohl erst dann, wenn die letzte Zeile geschrieben und die Feder niedergelegt ist, wissen, warum mich das Bedürfnis, dieses Buch zu schreiben, so lange begleiten konnte. Zumindest beginne ich die Niederschrift in dieser Hoffnung. Als Rechts, Politik und Kulturwissenschaftler war es mir stets ein Bedürfnis, Probleme zu erforschen, darzustellen und möglichst auch einen (zumindest theoretischen) Beitrag zu ihrer Lösung zu erarbeiten Probleme, die zwar vielleicht auch einen indirekten Bezug zu mir selbst haben mochten, jedenfalls aber von allgemeinem soziokulturellen oder soziopolitischen Interesse waren. Insofern war die Auseinandersetzung mit diesen Themen für jeden Leser nachvollziehbar. Im konkreten Falle aber verhält es sich ganz anders. Als Autor begebe ich mich auf eine Abenteuerreise, deren Verlauf und Ausgang offen ist. Zu einem kleinen Abenteuer könnte sie mithin auch für Diejenigen werden, die mich auf dieser Reise als Leser begleiten. Sich darauf geistig und seelisch einzulassen, könnte vielleicht für solche Leser von Interesse sein, die ebenfalls auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage sind, warum sie die eine oder andere Thematik ständig begleitet, ohne dass es einen leicht einsehbaren oder gar zwingenden Grund hierfür gäbe. Dem Autor wird jedenfalls nichts anderes übrigbleiben, als sich behutsam an seine Schlüsselgestalt heranzutasten, sich die ersten Begegnungen mit ihr in Erinnerung zu rufen, aus der Entfernung von Jahrhunderten einen genaueren Blick auf ihren Schicksalsweg zu werfen und dann vielleicht sogar (soweit dies über Zeit und Raum hinweg möglich und aussichtsreich erscheint) das direkte Gespräch mit ihr zu suchen, wo die historischen Quellen schweigen. All dies in der Hoffnung, dann endlich besser zu verstehen, warum ihn sein Genius so nachdrücklich und nachhaltig auf diese Spur verwiesen hat. Peter Cornelius Mayer-Tasch München/Schondorf am Ammersee Herbst 2018 1. Erste Begegnung - oder: Im Stauferland Mein Elternhaus stand (und steht noch immer, wenn auch inzwischen in anderen Händen) fast im Sichtkreis des Hohenstaufen, nach dem sich das schwäbische Adelsgeschlecht der Herren von Büren benannte, nachdem es seinen Wohnsitz vom heutigen Wäschenbeuren, einer reizvoll in die dem Albtrauf vorgelagerte Hügellandschaft zwischen (dem heutigen) Göppingen und (dem heutigen) Schwäbisch Gmünd, auf den stattlichen Bergkegel des Hohenstaufen (in alten Quellen stouf) verlegt hatte, dessen weit ins Land hinaus weisende majestätische Anmutung sowohl offenkundige strategische als auch nicht minder offenkundige auratische Vorteile bot. Dass der und die Hohenstaufen im Umkreis ihrer schwäbischen Stammburg zu Namensgebern für die unterschiedlichsten Einrichtungen, Bauwerke und Unternehmungen wurden, ist kaum verwunderlich. Wenigstens ein Partikel jenes Glanzes, der das Geschlecht einst umgeben hatte, sollte auch auf die in ihrem einstigen räumlichen Umfeld Werkenden und Wirkenden fallen. Und so konnte es denn auch nicht ausbleiben, dass der Autor seine Gymnasialzeit in dem - seinem Wohnort nächstgelegenen - Göppinger Hohenstaufen-Gymnasium absolvierte. Das heutige Dorf Hohenstaufen, das den Bergkegel im Halbkreis umfängt, gehört zum Landkreis Göppingen. Die Kreisstadt fühlt sich nicht zuletzt deshalb berufen, den Hohenstaufen und die Geschichte des nach ihm benannten Geschlechtes im Erinnerungsschild zu führen, obwohl sie - im Gegensatz zu dem nahen, im besonderen Maße traditions- und kulturbewussten Schwäbisch-Gmünd - keine Staufergründung ist. Die Burg Hohenstaufen selbst, deren Spätform ein Fresko in der gotischen Göppinger Oberhofenkirche aus dem 15. Jahrhundert zeigt, wurde im Bauernkrieg von 1525 niedergebrannt und nicht wiederaufgebaut. Umso lebendiger ist aber die Erinnerung an die von den späteren Staufern geprägte Hoch-Zeit des Heiligen Römischen Reiches. Dass sie so recht dazu angetan war, die Vorstellungs- und Gemütskräfte eines ohnedies vielseitig interessierten, die umfangreiche historisch-politische Bibliothek seines Vaters intensiv nutzenden (und als Sportarten Säbelfechten und Reiten bevorzugenden) Knaben zu beflügeln, ist leicht nachzuvollziehen. Und dies umso mehr, als Mitte der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts der Rückblick auf die jüngere deutsche Geschichte auch dann wenig erhebend erscheinen musste, wenn man ausnahmsweise Grund hatte, auf das Verhalten der eigenen Familie stolz zu sein, wie dies beim Autor der Fall war und ist. 2. Das Zwiegespräch - Erster Tag - Autor (A): Meine mentale Bitte um ein Gespräch war hoffentlich nicht allzu vermessen. Wenn ich den Kontakt zu meinen verstorbenen Eltern und Freunden suche, so tue ich dies ohne jegliche Scheu. Euch aber, der Ihr Jahrhunderte und Kulturwelten weit von mir entfernt (und mir dennoch so nah) zu sein scheint, nähere ich mich nun doch mit einigem Bangen. Ich weiß nicht einmal, wie ich Euch anreden soll, ohne Eure Würde zu verletzen. Mit Majestät (immerhin wart Ihr ja ein König), mit Hoheit oder mit Exzellenz? Die Titel, die Euch einst Euer Vater, der Kaiser, verliehen hat, gibt es ja allesamt nicht mehr. König Enzio (E): Ich habe Dich längst erwartet und bin auch gerne zu einem Gespräch bereit. Und dies, obwohl ich nicht verhehlen kann, dass ich sehr erstaunt war, als mich Dein mental übermittelter Wunsch erreichte. Hier, wo ich jetzt lebe, interessiert man sich nicht für das Jenseits. Jeder hat mit sich selbst und seiner eigenen Weiterentwicklung genug zu tun. In Deinem Diesseits aber, das nun schon seit so langer Zeit zu meinem Jenseits geworden ist, interessieren sich wohl höchstens noch Historiker für mein früheres Schicksal. Und für Titel (auf die auch ich früher großen Wert gelegt habe) ist hier ohnedies kein Platz. Auf solche Sprachschnörkel kannst Du also getrost verzichten. Sie würden nur den Blick auf das verstellen, was Du zu erkunden suchst. A: So stimmt es also, wenn der Dichter Hugo von Hofmannsthal in seinem Großen Welttheater schreibt: Und wenn der große Vorhang fällt, sind Alle gleichgestellt? E: Ob das stimmt, weiß ich nicht so genau. Auch in dieser Welt gibt es Vieles, was mir verborgen bleibt, was mich dann aber wohl auch nichts angeht. Es kommt vielleicht darauf an, was Du unter gleichgestellt verstehen willst. Selbst dann aber, wenn ich es genau wüsste, könnte ich es Dir nicht sagen. Im Hin...