Beschreibung
Dieser Tierstudien Band beschäftigt sich mit Fragen nach dem Personenstatus von Tieren und mit dem Phänomen tierlicher Persönlichkeiten. Dass Tiere Individuen und Subjekte ihres Lebens sind, unterschiedliche Charaktereigenschaften und eigene Interessen haben, wird kaum noch bestritten. Doch dass sie Personen sind, wird ihnen in der Regel abgesprochen. Dabei kämpfen Tierrechtsorganisationen schon lange für die Anerkennung des Personenstatus von Tieren: Tiere sollen als Rechtspersönlichkeiten mit einem einklagbaren Recht auf Leben sowie körperliche und geistige Unversehrtheit verstanden werden. In vielen indigenen Epistemologien existieren Vorstellungen von tierlicher Personalität, und die meisten Haustierhalter*innen würden bestätigen, dass ihr Gefährtentier in ähnlicher Weise unersetzbar sein kann wie eine menschliche Person. Auch bei denen war die Zuschreibung des Personenstatus historisch wechselhaft: So galten Frauen, Kinder, Sklav*innen zu bestimmten Zeiten juristisch nicht als Personen. Selbst wenn man sich nicht auf eine philosophische oder juristische Diskussion über den Begriff der Person einlassen möchte, wird doch Tieren oft eine eigene Persönlichkeit zugeschrieben. So werden für sogenannte Nutztiere Listen konsistenter Verhaltensmerkmale aufgestellt, wobei die individuellen Unterschiede in der Persönlichkeit idealerweise bei der Beurteilung von Tierwohl Berücksichtigung finden. Und die (Populär-)Kultur wiederum kennt ihre eigene Tierprominenz: Tierlichen Helden werden Denkmäler gesetzt, tierliche Medienstars haben eigene Social-Media-Auftritte. Berühmtheiten wie die Hündin Laika, der Eisbär Knut oder auch Roman- und Filmfiguren wie Lassie und die Biene Maja sind Gestalten des öffentlichen Lebens mit eigener Biografie, sei diese historisch verbürgt oder zugeschrieben. Entsprechend diesem Themenreichtum vereint der Band philosophische, historische, soziologische, natur-, rechts- und kulturwissenschaftliche Perspektiven mit konkreten Fallstudien zu tierlichen Persönlichkeiten. Mit wissenschaftlichen Beiträgen von Nils Berliner, Maneke Bondzio-Becker, Jan Brinkmann, Agustín Fuentes, Frauke Gärtner, Nele Illner, Ina Karkani, Wolfgang Leyk, Anne Peters, Swen Schulte Eickholt und Lena Lieselotte Schuster. Mit künstlerischen Beiträgen von Isa Leshko, Maria Lux, Anne Noble und Amanda Stronza.
Autorenportrait
Jessica Ullrich (Dr. phil) ist Honorarprofessorin für Kunstwissenschaft und Ästhetik an der Kunstakademie Münster. Zuvor war sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Philosophischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen und Leiterin der Kunstvermittlung im Kunstpalais Erlangen. Sie kuratierte diverse Ausstellungen von zeitgenössischer Skulptur und Fotografie. Sie ist Mitglied des Senior Editorial Board von Antennae, Journal for Nature in the Visual Arts , Repräsentantin und Board-Mitglied von Minding Animals Germany und Mitglied von Bündnis für Mensch und Tier, München, ferner von Animalität und Ästhetik Berlin, der Forschungsinitiative Tiertheorie (FiTT), CLAS (Cultural Literary Animal Studies) an der Universität Würzburg und Animals in History, einer von den Universitäten Konstanz, Wien und Zürich getragenen Gemeinschaftsinitiative. Ullrich studierte Kunstgeschichte, Kunstpädagogik und Germanistik in Frankfurt am Main sowie Kultur- und Medienmanagement in Berlin. Sie promovierte zu dem Thema Wachs als ästhetisches Material. Körper und Körperfragmente in der Wachsbildnerei am Ende des 20. Jahrhunderts und ihre kulturhistorischen Einflüsse . Im Kontext der Human-Animal Studies veröffentlichte sie u.a. gemeinsam mit Friedrich Weltzien und Heike Fuhlbrügge den Sammelband Ich, das Tier. Tiere als Persönlichkeiten in der Kulturgeschichte (Reimer 2008).