Beschreibung
Britisch-Kolumbien, 1863: In ihrer Heimat hält sie nichts mehr: In der Textilfabrik in Manchester arbeitslos geworden, will die junge Zoe Hart ihr Glück in der Neuen Welt versuchen. Sie hofft darauf, hier einen passenden Ehemann zu finden, mit dem sie eine gemeinsame Zukunft aufbauen kann. Doch zuerst muss sie eine alte Schuld begleichen und ihren Bruder Zeke finden, der nach Britisch-Kolumbien geflohen ist. Ihr Anfang in der neuen Heimat gestaltet sich unerwartet dramatisch: Sie verliert ihre beste Freundin und ist plötzlich verantwortlich für ein kleines Mädchen, dessen Mutter, eine Ureinwohnerin, verstorben ist. Unterstützung erhält sie bei dieser ungewohnten Aufgabe von Pastor Abe Merivale, der die Minenarbeiter betreut. Um ihrem Pflegekind ein gutes Zuhause zu geben, will Zoe schließlich auf den Heiratsantrag eines Minenarbeiters mit zweifelhaftem Ruf eingehen, der ihr verspricht, ihren Bruder zu finden. Doch das kann Abe nicht zulassen: Um sie zu schützen, bietet er Zoe eine Zweckehe an. Wie wird sie sich entscheiden?
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Autorenportrait
Jody Hedlund lebt mit ihrem Mann, den sie als ihren größten Fan bezeichnet, in Michigan. Ihre fünf Kinder werden zu Hause unterrichtet. Die Zeit, die ihr neben dieser Tätigkeit noch bleibt, widmet sie dem Schreiben.
Leseprobe
Kapitel 1 Vancouver Island 12. Januar 1863 'Ich schaffe es nicht, Zoe.' 'Rede keinen Unsinn.' Zoe Hart drückte die Hand ihrer Freundin noch fester, als könnte sie Jane dadurch bei sich behalten. Ein weiterer Hustenanfall erfasste Jane und sie hielt schnell ein Tuch vor ihren Mund. Damit konnte Jane zwar vielleicht das tiefe Rasseln dämpfen, aber das leuchtende Rot, das das Leinen tränkte, konnte sie nicht verstecken. Zoe legte einen Arm auf den Rücken ihrer Freundin, um sie zu stützen, und versuchte zu ignorieren, dass sie jede einzelne Rippe fühlte. Eigentlich brauchte Jane ihre Hilfe nicht, da sie noch kräftig genug war. Aber es war schwer, sich auf dem schaukelnden Dampfer in den unruhigen Gewässern vor Vancouver Island auf den Beinen zu halten. 'Wenn wir an Land sind, wird es dir gleich viel besser gehen', sagte Zoe so laut, dass Dr. Ash, der in der Nähe auf dem Deck stand, sie hören konnte. 'Du brauchst nur wieder festen Boden unter den Füßen, das ist alles.' Der Schiffsarzt, der sich unter seinem langen grauen Bart am Kinn kratzte und leise und eindringlich mit dem Kommandanten der HMS Grappler, Kapitän Verney, sprach, ließ sich nicht anmerken, ob er Zoe gehört hatte. Sie hatte Dr. Ash schon vor einigen Stunden unmissverständlich gesagt, was sie dachte, und würde nicht zögern, ihre Worte, wenn nötig, zu wiederholen. Sie wollte Jane bei sich behalten. Sie waren während der gesamten Schiffsreise unzertrennlich gewesen, seit sie im September Manchester verlassen und in Gravesend an Bord der Robert Lowe gegangen waren. Und sie sah nicht ein, warum sie sich jetzt trennen sollten, da Jane doch nur von diesem überfüllten, schaukelnden Schiff herunterkommen müsste und ein paar Tage Ruhe bräuchte, um wieder zu Kräften zu kommen. Nach 114 Tagen auf dem Meer brauchten sie alle ein paar Tage Zeit, um sich zu erholen. Ja, die Überfahrt aus England über den Atlantik, um Südamerika herum und dann den Pazifik hinauf bis nach Vancouver Island war ohne besondere Zwischenfälle und - laut der Schiffsbesatzung - sogar einfach verlaufen. Trotzdem hatte die lange Schifffahrt ihren Tribut gefordert, da viele Frauen, genauso wie Zoe, schon vor Antritt der Reise halb verhungert gewesen waren. Obwohl die Lebensmittel auf der Robert Lowe in der letzten Woche stark zur Neige gegangen waren und jeder Passagier nur knappe Rationen zugeteilt bekam, knurrte Zoes Magen bei Weitem nicht so wie in ihren letzten furchtbaren Monaten in Manchester, als alle am Hungertuch genagt hatten. Kapitän Verney nickte Dr. Ash ernst zu, bevor er sich aufrichtete und seine blaue Jacke mit ihren goldenen Streifen und Biesen glatt strich. Der rund fünfzigjährige Mann ließ seinen Blick über die 38 Frauen wandern, die auf dem Deck des Brautschiffs zusammenstanden. Obwohl er nichts sagte, spürte Zoe seine Missbilligung. Seine zusammengezogenen Brauen und seine geschürzten Lippen sprachen eine deutliche Sprache. Die Tynemouth, ein anderes Brautschiff der Columbia-Missionsgesellschaft, das einige Monate zuvor nach Vancouver Island gefahren war, hatte offenbar eine Mischung aus armen Arbeiterinnen aus London und einer genauso hohen Anzahl reicher Damen aus der Mittelschicht befördert. Falls Kapitän Verney wieder eine solche Kombination erwartet hatte, war es kein Wunder, dass er enttäuscht war, weil er eine Schiffsladung arbeitsloser Frauen erhalten hatte, die früher in Baumwollfabriken gearbeitet hatten. Sie waren vorher schon ausgemergelt gewesen, aber die Monate auf dem Meer hatten sie noch stärker ausgelaugt und geschwächt. Vielleicht befürchtete der Kapitän, dass keiner der Männer in der Kolonie die Frauen haben wollte, weil sie nicht attraktiv genug waren. Vielleicht hatte er beschlossen, sie nach England zurückzuschicken. Zoe schob eine Strähne ihres dunklen Haars unter ihren gestrickten Schal und berührte ihre Wangen. Sie hoffte, sie sähe nicht genauso schmutzig aus wie ihre Begleiterinnen, befürchtete aber, dass die lange Seefahrt auch an ihr nicht sp