Beschreibung
Nichts ist so schwarz wie das Herz eines Mörders
Eine persönliche Nachricht, eine tote Prostituierte und ein Tatort, der kaum blutiger sein könnte: Lieutenant Eve Dallas verfolgt einen Killer durch die Straßen von New York, der die Handschrift der brutalsten Serienmörder der Geschichte kopiert. Schnell wird klar, dass die Polizistin diesmal direkt im Fadenkreuz des Täters steht. Eine atemlose Hetzjagd beginnt, die Eve bis in die höchsten Kreise der Reichen und Mächtigen führt. Eve und der Mörder sind beide Jäger und Gejagte zugleich. Und Eve weiß, nur wer schneller zuschlägt, wird überleben
Autorenportrait
J. D. Robb ist das Pseudonym der international höchst erfolgreichen Autorin Nora Roberts. Durch einen Blizzard entdeckte Nora Roberts ihre Leidenschaft fürs Schreiben: Tagelang fesselte sie 1979 ein eisiger Schneesturm in ihrer Heimat Maryland ans Haus. Um sich zu beschäftigen, schrieb sie ihren ersten Roman. Zum Glück, denn inzwischen zählt Nora Roberts zu den meistgelesenen Autorinnen der Welt. Auch in Deutschland sind ihre Bücher von den Bestsellerlisten nicht mehr wegzudenken.
Leseprobe
Der Sommer des Jahres 2059 war wie eine bösartige, mörderische Bestie, die New York auch weiter gnadenlos in ihren Krallen hielt, nachdem der schweißtreibende August endlich vergangen war. Jetzt hüllte ein heißer, schwüler, stinkender September New York wie in eine nasse Decke in sich ein.
Der Sommer, dachte Jacie Wooton, war tödlich fürs Geschäft.
Es war kurz nach zwei, also eigentlich die beste Zeit. Die Bars spuckten die Gäste aus, und diese Gäste waren für gewöhnlich auf der Suche nach noch ein bisschen mehr Spaß. Im Herzen der Nacht, wie sie es gerne nannte, kamen diejenigen, die noch etwas Gesellschaft wollten und dafür bezahlen konnten, am häufigsten zu jemandem wie ihr.
Seit sie ein paar Mal wegen irgendwelcher Drogen hochgenommen worden war, war sie nur noch für die Arbeit auf der Straße lizenziert. Aber inzwischen war sie sauber, und sie hatte die Absicht, die Leiter der Prostitution wieder so weit zu erklimmen, dass sie sich eine schicke Wohnung leisten konnte, in der sie einsame, reiche Gönner empfing.
Erst einmal musste sie sich aber ihren gottverdammten Lebensunterhalt hier auf dem Straßenstrich verdienen, doch bei der Affenhitze hatte kaum jemand Interesse dar an, für etwas zu bezahlen, bei dem er noch mehr in Schweiß geriet. Dass sie in den letzten beiden Stunden kaum Kolleginnen getroffen hatte, sagte ihr, dass in dem momentanen Klima auch kaum jemand bereit war, Sex zu haben, wenn er Geld dafür bekam.
Aber Jacie war ein Profi, und zwar schon seit der Nacht vor über zwanzig Jahren, in der sie in das Geschäft mit der bezahlten Liebe eingestiegen war. Auch wenn sie in der Hitze vielleicht schwitzte, welkte sie doch nicht. Ebenso, wie sie unter der Straßenlizenz auf Bewährung vielleicht hin und wieder leise stöhnte, daran aber nicht zerbrach.
Sie würde auf den Füßen bleiben - oder, je nach Wunsch des Kunden, auf den Knien, auf dem Rücken oder auf dem Bauch - und ihre Arbeit tun.
Sie würde ihre Arbeit tun, die Kohle auf die Seite legen und in ein paar Monaten wieder in ein Penthouse in der Park Avenue umziehen, denn dort gehörte sie hin.
Sie verdrängte den Gedanken, dass sie vielleicht etwas zu alt und weich für die Arbeit auf der Straße war, und konzentrierte sich ausschließlich darauf, noch einen Kunden aufzureißen. Einen letzten Kunden vor Ende dieser Schicht.
Ohne einen letzten Kunden bliebe ihr nach Zahlung ihrer Miete nicht genügend Geld für den Schönheitssalon. Und sie brauchte dringend eine Überholung.
Nicht, dass sie nicht noch immer gut aussehen würde, sagte sie sich, während sie an einer Straßenlaterne in dem drei Blocks umfassenden Gebiet, das sie in dieser düsteren Gegend der City für sich beansprucht hatte, vorüberschlenderte. Sie achtete auf sich. Vielleicht hatte sie die Drogen gegen eine tägliche Flasche Wodka ein- getauscht - und, verdammt, sie könnte augenblicklich einen Schluck vertragen -, aber sie sah immer noch fantastisch aus.
Sie stellte das, was sie zu bieten hatte, in einem leuchtend roten, knappen Büstenhalter und einem kaum über die Pobacken reichenden Minirock in derselben Farbe vorteilhaft zur Schau. Bis sie in den Schönheitssalon käme, hielte der BH ihren Busen ersatzweise in Form. Das Beste an ihr waren aber immer noch die Beine. Sie waren lang und wohlgeformt und wirkten in den silbernen High Heels, deren kreuzweise gebundene Riemchen bis zu den Knien reichten, erotischer denn je.
Nur brachten sie sie beinahe um, als sie auf der Suche nach einem letzten Freier durch die Straßen streifte.
Um ihren Füßen eine kurze Pause zu verschaffen, lehnte sie sich an den nächsten Laternenpfosten, streckte ihre Hüfte vor und sah sich aus müden braunen Augen suchend in der beinahe menschenleeren Straße um. Sie hätte die lange Silberperücke aufsetzen sollen, überlegte sie. Auf lange Haare fuhren beinahe alle Kerle ab. Aber den Gedanken an das Gewicht einer Perücke hatte sie heute Abend nicht ertragen und ihr Leben elend war.
Noch ein halbes Jahr, versprach sie sich. Dann wäre sie wieder ganz oben.
Dann entdeckte sie den Typen, der ihr entgegenkam. Reich, exzentrisch und eindeutig am falschen Ort - in dieser Gegend lief kaum je ein Mann in einem teuren Smoking oder gar in einem eleganten, schwarzen Umhang, mit einem Zylinder auf dem Kopf und einer schwarzen Ledermappe in der Hand herum.
Jacie setzte ihr Arbeitsgesicht auf und strich mit einer Hand über ihren knappen Rock. »He, Baby. Du siehst so schick aus, warum feierst du nicht etwas mit mir?«
Als er sie mit einem schnellen, beifälligen Lächeln ansah, blitzten in seinem Mund zwei Reihen kerzengerader, strahlend weißer Zähne auf. »Was hast du dir denn vorgestellt?«
Seine Sprechweise passte zu seinem Aufzug. Er gehörte eindeutig zur Oberschicht, dachte sie halb wehmütig und halb erfreut. Stilvoll, kultiviert. »Was du willst. Du bist der Boss.«
»Dann vielleicht eine kleine Privatparty, irgendwo hier in der Nähe.« Er sah sich suchend um und winkte dann in Richtung einer schmalen Gasse. »Ich habe leider nicht viel Zeit.«
Die Gasse verhieß einen Quick le, und der kam ihr gerade recht. Sie brächten die Sache innerhalb von wenigen Minuten hinter sich, und wenn sie geschickt vorging, strich sie neben der Gebühr vielleicht noch ein ordentliches Trinkgeld ein. Dann reichte ihre Kohle für die Miete und die Busenstraffung, dachte sie vergnügt.
»Du bist nicht hier aus der Gegend, oder?«
»Weshalb fragst du das?«
»Du klingst nicht so und siehst auch nicht so aus.« Sie zuckte mit den Schultern. Im Grunde ging es sie nicht das Geringste an. »Sag mir, was du möchtest, Baby, dann bringen wir den finanziellen Teil dieses Geschäfts sofort hinter uns.«
»Oh, ich will alles.«
Lachend legte sie die Hand in seinen Schritt. »Mmm. Das spüre ich. Dann sollst du auch alles kriegen.« Dann kann ich endlich diese Schuhe ausziehen und etwas trinken. Sie nannte einen hohen Preis, und als er einfach nickte, verfluchte sie sich stumm, weil sie nicht noch höher gegangen war.
»Ich will den Zaster vorher«, erklärte sie entschieden. »Erst das Geld, dann das Vergnügen.«
»Sicher. Als Erstes wird bezahlt.«
Immer noch lächelnd drückte er sie plötzlich mit dem Gesicht gegen die Wand, riss ihren Kopf an den Haaren nach hinten, zückte gleichzeitig ein Messer und schlitzte ihr, bevor sie auch nur schreien konnte, mit einem schnell en Schnitt die Kehle auf. Sie starrte ihn aus großen Augen an, öffnete den Mund, machte ein gurgelndes Geräusch und glitt dann an der Mauer in den Dreck hinunter.
»Und jetzt kommt das Vergnügen«, stellte er zufrieden fest und machte sich ans Werk.
Es gab einfach immer wieder Neues zu sehen. Egal, wie oft man schon durch das Blut und durch die Eingeweide Toter gestapft war, egal, wie häufig man das grausige Szenarium gewaltsamer Tötungen schon erlebt hatte, es gab doch immer wieder Neues.
Immer gab es etwas, das noch schlimmer, noch gemeiner, noch verrückter, noch bösartiger, noch grausamer war.
Als Lieutenant Eve Dallas über der Gestalt stand, die einmal eine Frau gewesen war, fragte sie sich, ob dies nicht vielleicht doch der Gipfel allen Grauens war.
Zwei der uniformierten Beamten, die zum Fundort gerufen worden waren, standen immer noch am Ausgang der schmalen, engen Gasse und kotzten sich die Seelen aus dem Leib. Sie selbst stand mit versiegelten Händen und Schuhen direkt neben der Toten und atmete, damit ihr eigener Magen sich beruhigte, ein paar Mal möglichst langsam aus und ein.
Hatte sie schon einmal so viel Blut gesehen? Sicher war es besser, wenn es ihr nicht mehr einfiele.
Sie ging in die Hocke, öffnete den Untersuchungsbeutel und zog den Identifizierungspad zur Überprüfung der Fingerabdrücke des Opfers daraus hervor. Da sich das überall verspritzte Blut nicht einfach abwischen ließ, dächte sie am beste
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